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Betriebsverfassungsgesetz

betr.: „Punktsieg für Walter Riester“, „Eine Reform unter dem Druck der Globalisierung“, taz vom 15. 2. 01

[. . .] Lobenswert ist der Beitrag von Beate Willms, in dem endlich einige wichtige geplante Änderungen des BetrVG dargestellt werden. Tatsache ist, dass kein einziges neues erzwingbares Mitbestimmungsrecht geschaffen werden soll. Nur diese erzwingbaren Mitbestimmungsrechte sind durchsetzbar, wenn der Arbeitgeber nicht zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat bereit ist.

Es ist daher absurd, von einer wesentlichen Stärkung der Position der Gewerkschaften im Betrieb oder gar von einer Ausweitung der Mitbestimmung zu reden. Freiwillige Vereinbarungen, etwa zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, können schon jetzt abgeschlossen werden, ohne dass es ausdrücklich im Gesetz erwähnt ist.

Strittig ist die Frage, ab welcher Mitarbeiterzahl der Betriebsratvorsitzende ganz von der Arbeit freigestellt sein soll. Hier soll es um Posten für Gewerkschaften gehen („Tagesschau“ vom 13. 2.). Freigestellte Betriebsratsmitglieder sind jedoch keine Gewerkschaftsfunktionäre, sondern Arbeitnehmer des Betriebes. Diese haben durch die Freistellung neben Vorteilen auch erhebliche Nachteile, weil sie in ihrem Beruf nicht mehr praktisch tätig sind und somit den Anschluss verlieren. Dies kann zum Beispiel zu Problemen führen, wenn langjährig freigestellte Vorsitzende abgewählt werden. Schon jetzt sind Betriebsratsmitglieder im Einzelfall freigestellt, wenn sie erforderliche Betriebsratstätigkeit ausüben. Eine gesetzlich geregelte Pauschalfreistellung ab einer bestimmten Betriebsgröße vermeidet ständige Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber.

Der zweite Hauptstreitpunkt soll das Wahlverfahren in Kleinbetrieben sein. Als anwaltlichem Vertreter von Betriebsräten ist mir bekannt, dass das jetzige, komplizierte Wahlverfahrern nicht nur die die Wahl durchführenden Arbeitnehmer, sondern auch Juristen häufig überfordert. Allein der Leitfaden der ÖTV für Betriebsratswahlen umfasst knapp 200 Seiten. Die korrekte Durchführung einer Wahl in einem bisher betriebsratslosen Kleinbetrieb ist für juristisch ungeschulte Arbeitnehmer fast unmöglich. Hinzu kommt, dass diese gerade in Kleinbetrieben häufig durch Drohungen von der Teilnahme abgehalten werden. [. . .]

Die Vereinfachung des Wahlverfahrens ist also zwingend geboten, um die gesetzlichen Vorgaben Realität werden zu lassen.

KLAUS KETTNER, Münster

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