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Betriebsbesetzung bei Sachsenring geht weiter

■ Zwickauer Automobilbauer wehren sich gegen Treuhandentscheidung/ Belegschaft fordert Qualifizierungsgesellschaft

Zwickau/Berlin. Die Werksbesetzung der Zwickauer Sachsenring GmbH ging am Wochenende ohne Unterbrechung weiter. Damit wurde die am Freitag mittag mit einer Blockade der Werkstore begonnene Protestaktion gegen die Entscheidung der Treuhand zur Nichtgestattung der Beteiligung von Sachsenring an der geplanten Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft fortgesetzt.

Betriebsratsmitglied Gerhard Löscher erklärte gestern, es habe es noch „keine definitiven Aussagen von Treuhand und sächsischer Landesregierung gegeben, die einen Abbruch der Aktion gerechtfertigt hätten“. Als einzige Reaktion auf die Betriebsbesetzung habe die Berliner Treuhandanstalt am Sonnabend über die Medien verbreiten lassen, es bestünde kein Grund zu dieser Aktion der Sachsenring-Werker, da es sich seitens der Treuhand nur um „eine Empfehlung an alle Treuhand-Betriebe“ gehandelt habe. Bei einer Kundgebung zum montäglichen Arbeitsbeginn werden laut Löscher weitere Maßnahmen mit allen „Sari- Beschäftigten“ abgestimmt.

Auch der für Montag — ursprünglich als reiner Informationstermin — angesagte Besuch eines Treuhand- Vertreters komme „gerade recht“. Sollte bis dahin noch kein positives Zeichen aus Berlin gekommen sein, „werden wir den Treuhand-Abgesandten mit einer Belegschaftsversammlung gebührend empfangen“, kündigte Gerhard Löscher an.

Ziel der Betriebsbesetzung ist, den für 1. Juli 1991 geplanten Beginn einer Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft bei Sachsenring zu erwirken. Für rund 4.100 Beschäftigte, die meisten von ihnen befinden sich zur Zeit in Null-Stunden- Kurzarbeit, verbindet sich mit dieser Entscheidung die Frage nach Weiterbeschäftigung oder Entlassung und Arbeitslosigkeit.

Nach Aussagen des Betriebsrates soll die Aktion auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden. Gegenüber 'adn‘ hatte Vorsitzender Fritz Warth am Sonnabend abend in Zwickau erklärt, man warte auf einen schriftlichen Bescheid von der Treuhandanstalt, der eine Beteiligung des Werkes an der im April ins Leben gerufen Sächsischen Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zusagt. Neben der Besetzung haben die Automobilbauer mit einem spontan organisierten Trabant-Autocorso durch die Stadt am selben Tag auf ihr Problem hingewiesen.

Treuhand-Sprecher Wolf Schöde brachte in Berlin sein Bedauern über diese Entwicklung zum Ausdruck und kündigte zugleich Gespräche zwischen Treuhand und Gewerkschaften zu Fragen der Beschäftigungsgesellschaften an. Zudem unterstütze die Treuhand die Gründung der sächsischen Gesellschaft neben Sachmitteln und Personal auch mit einer finanziellen Überbrückungshilfe von einer bis zwei Millionen Mark.

Die IG Metall Sachsens ist der Auffassung, daß der Beschluß der Treuhand für die gegenwärtig 4.100 Null-Stunden-Kurzarbeiter bei Sachsenring die Entlassung per 30.Juni bedeute. adn

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