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Betr.: "Zivildienst ist Zwangsarbeit", taz vom 7.10.93

[...] Die Wehrpflicht gehört abgeschafft, und zwar sofort! Was sie anrichtet, zeigt (nur zum Beispiel) die in der taz erwähnte Tatsache, daß sich immer mehr Rekruten nach (!) Ablauf des Zwangsdienstes mit der Waffe bei der Armee verpflichten. Die Ausbildung zum kalkulierten Töten wird so zum ganz normalen Handwerksberuf, den jeder erlernen kann, weil er bereits als selbstverständliche Pflicht hingenommen wurde. Die Akzeptanz des Krieges rückt somit nicht zufällig gerade in Krisenzeiten wirtschaftlicher Art in weite Teile der Bevölkerung.

Und wer immer noch die „Angst“ vor einem reinen Berufsheer als „Staat im Staate“ als Argument für die Beibehaltung der Wehrpflicht anbringt, die/der verkennt, daß es längst diese – inzwischen „modernisierte“ – Berufsarmee gibt. Zudem ist es nach wie vor eine Illusion zu glauben, die Wehrpflichtigen demokratisierten in irgendeiner Weise das Heer. Das Gegenteil ist der Fall: Die Armee militarisiert die Gesellschaft mit dem allgemeinen Kriegsdienst. Zum anderen hat der „Zivil“dienst neben seiner kriegsunterstützenden ja auch noch die sozialisierende Funktion.

Die politische Dimension der KDV nach Art. 4 Abs. 3 GG ist längst entschärft, und somit ist es kein Wunder, daß der Großteil der Zivis seinen Dienst nicht als Zwang empfindet. Daß es aber nicht um Empfindungen, sondern um knallharte erziehungspolitische Ziele des Staates geht, macht erst jetzt wieder die Forderung von Weizsäckers nach der allgemeinen Dienstpflicht als Ergänzung (!) zur Wehrpflicht deutlich. [...] Jens Kastner, Senden

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