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die stimme der kritikBetr.: Von Mann zu Mann

Unübertroffen peinlich

Die Nachrichtenlage ist wie immer brisant: Sabrina eröffnet an irgendeinem Ort irgendein Elefantenrennen, John wird Co-Moderator in irgendeinem Jugendsender, Jenny Elvers hat irgendeinen Heiner Lauterbach verlassen. Mutmaßlich wegen ihres Flirts mit „Big Brother“-Alex. Alex sagte dazu: „Jenny ist eine total liebe, süße Frau. Aber Heiner braucht sich nicht zu sorgen. Ich bin der kleine Alex, er ist der große Heiner. Wenn es sein muss, werde ich ihm alles von Mann zu Mann erklären.“

Es ist unglaublich, wie viel Schwachsinn mutmaßlich wichtige Bereiche des eigenen Kopfes blockieren. Man kennt ja Jenny Elvers nicht einmal und weiß nicht, wer die eigentlich ist, und, um die Wahrheit zu sagen, will es auch gar nicht wissen – eine dumme Nuss vermutlich, wie der Prügelprinz, der im Sommerloch den Türkenpavillon anpinkelt, sich anschließend auf Entziehungskur begibt und dabei lustig im persönlichen Hirn herumplantscht. Oder wie Edgar Davids, dieser holländische Langhaarzwerg mit seiner gelborange getönten Sportbrille. Ein grauenvoller Typ, dessen ständiges, affektiertes, klassensprecher- und streberhaftes Gehabe einem mittlerweile noch mehr auf den Geist geht als etwa Michel Friedman, der bislang meine interne Liste der peinlichsten Menschen unangefochten anführt. Jetzt nicht mehr.

Kann natürlich auch daher kommen, dass man zur Zeit halt mehr Edgar Davids guckt als „Vorsicht Friedman!“. Ohne falsche Scham im öffentlichen Raum zu pissen mag schlimm sein; eine Sendung „Vorsicht Friedman!“ zu nennen ist unübertroffen peinlich. Das ist nun mal so!

Und wie Leute daran Spaß haben können, wenn eine favorisierte und in allen Belangen überlegene Spitzenmannschaft eine begeisternde Außenseiterelf mit 6:1 besiegt, ist mir schlicht unbegreiflich und scheint auf nicht unerhebliche moralische Defizite hinzudeuten.

Das ist doch so primitiv, als wenn man für Goliath gegen David, für Schalke statt Bayern, für Kluivert statt Hagi, für Bier statt Hasch oder halt früher mal für Deutschland gewesen wäre. Wenn Deutschland die nächsten fünf Spiele verliert, werde ich für die Unsrigen sein. Blöd nur, dass das vermutlich auch nicht so viel Spaß macht wie eben ausgedacht.

DETLEF KUHLBRODT

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