Beteiligung an Werbeeinnahmen: Geld für Möllemann-Todessprung
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass N24 und Bild.T-Online.de Werbeeinnahmen offenlegen müssen. Beide hatten ein Video von Möllemanns Todessprung ohne Erlaubnis des Urhebers gezeigt.
KARLSRUHE/MÜNSTER dpa | Ein Mann, der vor fast sieben Jahren den tödlichen Fallschirmsprung des FDP-Politikers Jürgen Möllemann gefilmt hat, bekommt nun Geld für seinen Film. Er war 2003 mit Möllemann an Bord des Flugzeugs gewesen und nahm dessen Todessprung auf Video auf.
N24 und Bild.T-Online.de hatten die Video-Aufnahmen im Juni 2007 - rund vier Jahre nach dem Tod von Möllemann - gezeigt. Dafür wollte der Sprungkamerad des FDP-Politikers Schadenersatz, welcher ihm nach einem BGH-Urteil auch zusteht. Damit er jedoch dessen Höhe errechnen kann, benötigte der Kläger Angaben dazu, welche Werbeerlöse mit seinem Video erzielt wurden. Zu dieser Auskunft verpflichteten die Karlsruher Richter am Donnerstag den Nachrichtensender N24 und das frühere Internetportal Bild.T-Online.de. (Az.: I ZR 122/08 und I ZR 130/08 - Urteile vom 25. März).
Beide Medien hatten sich heftig dagegen gewehrt, ihre Werbeeinnahmen offenlegen zu müssen. Der Video-Clip war über Umwege an das Internetportal Bild.T-Online.de gelangt, das es dann an N24 weitergab. Details dazu sind laut Klägeranwalt Peter Wassermann bis heute unklar. Auf jeden Fall erhielt Bild.T-Online.de das Material nicht vom Urheber selbst.
Der passionierte Fallschirmspringer Möllemann war am 5. Juni 2003 in ein Flugzeug gestiegen und in der Nähe von Marl in den Tod gestürzt. Möllemann hatte den Hauptschirm abgetrennt und den Reserveschirm nicht geöffnet. Kurz zuvor hatte der Bundestag seine Immunität aufgehoben, mehr als 100 Beamte waren im Zuge einer internationalen Razzia ausgerückt, um sein Firmengeflecht zu durchsuchen. (dpa/taz)
Damit haben die Medien das Recht des Klägers als Hersteller des Videofilms "widerrechtlich und schuldhaft" verletzt, urteilten die BGH-Richter. Denkbar dafür wäre, eine konkrete Summe für den Film zu fordern, Lizenzgebühren einzufordern - oder eben den sogenannten Verletzergewinn. Dieser errechnet sich aus den Werbeerlösen - und ist in der Regel höher.
Nach dem heutigen Urteil müssen nun Internetportal und Nachrichtensender ihre Werbeerlöse offenlegen - allerdings nur für den Tag, an dem das Video ausgestrahlt wurde. Der Kläger hatte weitere Auskünfte verlangt, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Das ging dem BGH zu weit. Nach seinem Urteil wird der Filmer zudem nicht von dem gesamten Gewinn der Unternehmen profitieren, sondern es wird eine Quote zu berechnen sein.
Die Medien hatten Ansprüche des Klägers mit dem Argument bestritten, Beiträge und Werbeeinnahmen stünden in keinem Zusammenhang. Die Werbung werde lange vor dem Ausstrahlungstag geschaltet, so dass die tagesaktuellen Beiträge keinerlei Einfluss auf entsprechende Einnahmen hätten. Dem widersprachen die Richter: Die Kunden würden erwarten, dass die Medien ihre Werbung in einem entsprechenden Nachrichtenumfeld platzierten - und sie sicherlich auch nach ihrem jeweiligen Inhalt auswählen.
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