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Archiv-Artikel

WAS MACHEN EIGENTLICH ... Berlins Weihnachtsmärkte? Besucher besinnungslos

Von CLP

Hohler die Glocken nie klingen: „Besinnliches Flanieren im Lichtermeer“, behauptete gestern eine Berliner Tageszeitung in ihrem vierseitigen „Extra Weihnachts-Shopping“, gehöre „zu jedem Weihnachtseinkauf“. Wer’s glaubt. Die Realität auf Berlins Weihnachtsmärkten, die ab kommendem Montag „die ganze Stadt zum Funkeln bringen“, sieht wahrlich anders aus.

Stimmt schon: Irgendeine Saite gerät da sacht ins Schwingen, wenn wir uns an die Weihnachtsmärkte unserer Kindheit erinnern. Kalte Füße und heiße Maroni, Karussell und Bratapfel. Ob das Projektionen sind, sei dahingestellt. Tatsache ist: So ein Jahresendrummelplatz raubt dem Besinnlichkeitssucher den letzten Nerv, er ist quasi die allererste Adresse für jeden, der nichts mehr fürchtet, als einen Augenblick zur Besinnung zu kommen.

Dabei muss es gar keine Brachialfeierei mit Achterbahn und Autoscooter sein wie auf dem Schlossplatz. Auch weniger ohrenbetäubende Varianten betreiben schamlos Gehirnwäsche mit ihren „Last-Christmas“-Endlosschleifen, ihren Hohoho-Weihnachtsmännern und ihren fetttriefenden Glasnudelpfannen. Etwas erträglicher (und entsprechend hochpreisiger) geht es auf den Öko-Märkten zu – in der Domäne Dahlem, der Sophienstraße und auf dem Kollwitzplatz. Oder beim Eine-Welt-Markt im Ethnologischen Museum, wo statt „Jingle Bells“ mongolische Obertongesänge erklingen. Aber wissen Sie was: Wenn Sie Besinnlichkeit suchen, gehen Sie am besten ein Stündchen in den Wald. Das klappt immer. Versprochen. CLP FOTO: AP