Besuch aus Riga: Bremsen und fördern
■ Ein Jahr Bremer Umwelthilfe in Riga
Das günstige Angebot machte die UmweltberaterInnen stutzig: Eine Liechtensteiner Firma hatte dem lettischen Staat angeboten, eine Verbrennungsanlage für Sondermüll zu bauen, lettischen Müll abzunehmen und auch noch Fernwärme zu liefern. Die ExpertInnen aus Deutschland und den Niederlanden recherchierten und präsentierten der Regierung ihre Ergebnisse über die halbseidenen Geschäftemacher, die ein billiges und illegales Schlupfloch für den westeuropäischen Sondermüll suchten: Das Angebot wurde abgelehnt.
In der Stadt Sigulda dagegen halfen die UmweltberaterInnen beim Wiederaufbau des Glas-Recycling-Systems. Zusammen mit der einzigen lettischen Glasfabrik demonstrierten sie im Modellversuch die Machbarkeit eines solchen Systems.
Hilfe für den Umweltschutz in Lettland – das heißt, mal Bremser zu spielen und mal Gas zu geben. Denn wenn westeuropäische Industrieländer Umweltdumping betreiben wollen, braucht die lettische Politik kompetente Unterstützung, ebenso wie beim Neuaufbau von Strukturen. Diese Hilfe gibt seit einem Jahr das „Environmental Centre for Administration and Technology“ (ECAT), das für drei Jahre mit Geldern aus Brüssel und Bremen in Riga aufgebaut wurde. Gestern war die deutsch-niederländisch-lettische Wissenschaftlergruppe von ECAT in Bremen zu Besuch.
Als erstes und dringendstes Umweltproblem Lettlands nannte Dietrich Hahn, Leiter des westlichen Teams, die Frage des Gewässerschutzes und des Trinkwassers. Aber auch Luftreinhaltung, Verkehr und Energiepolitik spielen eine wichtige Rolle bei der Arbeit von ECAT, das dem Umweltministerum in Riga zugeordnet ist, aber auch Kommunal- und Regionalverwaltungen berät. Die Liste der Projekte, die ECAT präsentierte, ist lang: Gutachten über die Wirksamkeit von Abwässerkläranlagen, Verbesserung der Qualität von Flußwasser, Auflistung der Immissionen für die Stadt Riga, Reaktivierung von kleinen Wasserkraftwerken. Außerdem kreut die „MS Bremen“, das ehemalige Bremer Gewässerüberwachungsschiff „MS Weserluchs“, in lettischen Gewässern für wissenschaftliche Untersuchungen.
Das Umweltbewußtsein, so Ainars Gailitis, sei in seinem Land nicht so technisch ausgeprägt wie in Deutschland. Das lettische Volk habe aus seiner Tradition aber einen sehr starken Bezug zur Natur. Auf die Letten warten große Umweltprobleme: Die weitverbreiteten Plattenbauten sind wahre Energiefresser und bisher fehlt eine Auflistung der Öko-Altlasten, die die Rote Armee hinterlassen hat. bpo
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