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Bestrafung der Verantwortlichen

Erklärung von Major Viorel Oancea aus Temeswar  ■ D O K U M E N T A T I O N

Major Viorel Oancea aus Temeswar gehörte zu jenen rumänischen Offizieren, die sich aus eigener Initiative mit der protestierenden Bevölkerung solidarisierten und die Befehle der übergeordneten Militärs verweigerten. Am 22.Dezember 1989 wurde Major Oancea in seiner Militäreinheit unter Arrest gestellt. Dank der sich überstürzenden Ereignisse kam Major Oancea glimpflich davon. Im Gebäude der Temeswarer „Front zur nationalen Rettung“ erhob er am Donnerstag schwere Vorwürfe gegen die Armeeführung. Durch seine „Erklärung“ bestätigte er Berichte westlicher Publikationen, wonach Angehörige der rumänischen Armee auf die Bevölkerung in Temeswar geschossen haben, eine Tatsache, die in den letzten Tagen von offiziellen rumänischen Stellen abgestritten wurde:

„1. Ich klage die Kommandanten der großen Militäreinheiten der Temeswarer Garnison an, mit dem diktatorischen Regime kollaboriert zu haben und das Feuer gegen die Demonstranten, zum Beispiel auf der Lippaer Straße und der Girockerstraße, eröffnet zu haben. Ich fordere die Bildung einer Untersuchungskommission, die die für schuldig befundenen Personen identifiziert und bestraft, die meisten Militärs waren ehrlich und haben die Befehle verweigert. (...)

2. Ich protestiere gegen das Verbleiben von sogenannten Abwehroffizieren (C.I.) in den Reihen der Armee, die nichts weiter als Securitate-Agenten innerhalb der Armee waren, sowie der Offiziere aus dem politischen Apparat, deren Rolle darin bestand, uns mit der Ceaucescu-Politik vollzustopfen und uns zu indoktrinieren. Es ist unerhört, daß diese Politoffiziere nun als Berater der „Front zur nationalen Rettung“ auftreten. (...)

3. Ich protestiere gleichzeitig gegen die Aufrechterhaltung der alten Strukturen und dem alten Überbau im Rahmen der Armee, und dagegen, daß der Prozeß der Demokratisierung sich in der Armee auf keine Weise bemerkbar macht. Es ist äußerst wichtig, in allen Einzelheiten zu untersuchen, wie in der Vergangenheit bestimmte Armeekader befördert wurden, weil auch im Rahmen der Armee jegliche Beförderungen nicht auf dem Prinzip der Ausbildung und Kompetenz, sondern auf Basis von Nepotismus und Bestechung vorgenommen wurde.

4. Als ehemaliges Parteimitglied (...) bin ich nicht mit der Maßnahme einverstanden, daß die Fonds der ehemaligen RKP einer anderen, neugegründeten kommunistischen Partei zugesprochen werden. Im Verhältnis zu der Mitgliederzahl einer eventuell neugegründeten KP - wenn sie die Unverschämtheit haben sollten, sich neu zu gründen - sollte ihr ein bestimmter Fond zugewiesen werden. (...)

Übersetzung: William Totok

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