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Besonnen-utopische Heide

■ Auftritt Simonis beim DAG-Verbandstag in Timmendorfer Strand / Delegierte votierten für Transrapid und gegen Nordstaat

Auf den letzten Metern ihres Wahlkampfs ist es Heide Simonis beim Landesverbandstag der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) am Wochenende gelungen, die Utopie zu verteidigen ohne einen Millimeter realpolitischer Besonnenheit zu opfern:

Die Verminderung der Massenarbeitslosigkeit sei „keine Utopie“; zwar gebe es dafür keine „Patentrezepte“, wohl aber „wirksame Rezepte“. Die hat sie den Anwesenden nicht vorenthalten: Es gelte die Arbeit „billiger“ zu machen, die „ökologische Wende“ einzuleiten, die „Innovationskraft“ zu stärken, die „Tarife flexibler“ zu gestalten und die „soziale Gerechtigkeit“ zu wahren.

Wo ein Postulat dem andern so auf die Füße tritt, ist die zweckfreie Eleganz der einfachen Springprozession erreicht: eins vor und eins zurück. Das Ideal solcher Maßnahmenkataloge ist entschlossenes Sowohl-als-auch. Hier findet sich das aktuelle standortpolitische Kleingeld zusammen mit den noch unentbehrlichen begrifflichen Gaben fürs sozialdemokratische Gemüt.

Die Frage, wer sich dafür was kaufen kann, dürfte beim DAG-Verbandstag nicht gestellt worden sein. Dafür war man für eine Verwaltungs- reform auf Länderebene, gegen den Nordstaat aber für eine bessere Verkehrsanbindung des Nordens, eine feste Belt-Querung und den Transrapid samt Bahnhof in Meck.-Pomm.: politik-kompatible Beiträge eine Woche vor dem nächsten Termin, an dem, wie es durchaus treffend heißt, der Bürger seine Stimme abgibt. ürk

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