Besetzer ohne Festnetz: Bei Senioren klingelts nicht mehr
Bezirk schaltet den Pankower Rentner-Besetzern das Telefon ab. Die Widerständler bleiben trotzdem bis in den August.
Jetzt wird’s ungemütlich: Am Dienstag früh wurde den Pankower Seniorenbesetzern des Rentnertreffs „Stille Straße“ das Telefon abgeschaltet. „Wir wissen nicht, was das soll“, sagt Eveline Lämmer, Helferin der Widerständler im Haus. „Die Besetzung geht aber weiter, selbst wenn Strom und Wasser abgestellt würden.“ Nachbarn hätten bereits Hilfe angeboten.
Seit knapp drei Wochen besetzen rund 20 Rentner ihren Freizeittreff, um dessen Schließung abzuwenden. Der Bezirk verweist dagegen auf teure Sanierungskosten und will die Rentner auf andere Einrichtungen aufteilen. Besetzerin Elli Pomerenke erklärte, die Aktion werde mindestens bis zum 29. August aufrechterhalten. Dann tagt das Bezirksparlament wieder erstmals nach der Sommerpause. „Wir werden jetzt nicht auf halber Strecke aufgeben“, sagte Pomerenke. Viele Klubmitglieder kämen gerade erst aus dem Urlaub und könnten den Protest nun unterstützen.
Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD), seit Wochenbeginn ebenfalls aus den Ferien zurückgekehrt, duckt sich bisher weg: Die Besetzung sei Thema der Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD). Die sagt, das Telefon im Vereinshaus habe der Bezirk schon im Juni bei Planung der Schließung des Treffs abgemeldet. Strom- und Wasserabstellung habe man wieder rückgängig gemacht, so Zürn-Kasztantowicz. „Um nicht die harte Linie zu fahren.“ Auf einen bezirklich bezahlten Telefonanschluss hätten Besetzer aber keinen Anspruch. Eine Rettung des Klubs hält sie nicht für möglich.
Mehrere Parteien hatten zuletzt einen Umzug der Rentner ins Stadtteilzentrum Pankow in der Schönholzer Straße ins Spiel gebracht. Falls finanzierbar, sei dies „sicherlich eine gute Idee“, sagte der Grüne Cornelius Bechtler. Zürn-Kasztantowicz hält das Haus für ausgelastet. Man prüfe aber, ob zumindest mehrere Gruppen dorthin könnten. „Für einen Komplettumzug haben wir im Bezirk kein Objekt.“
Die Besetzer hoffen nun aufs Bezirksparlament. Schon Anfang August kommt der Finanzausschuss zusammen. Dort will die Linkspartei nochmals für eine Übernahme der Stillen Straße durch einen externen Träger werben. Nur: Interessenten gibt es dafür bisher nicht. Der Grüne Bechtler, auch Vorsitzender des Finanzausschusses, nannte es „unrealistisch“, dass der Schließungsbeschluss zurückgenommen wird: „Es gibt für die Sanierung einfach kein Geld.“
Unterstützung erhalten die Besetzer dagegen von Seniorenverbänden aus der ganzen Stadt. „Wenn nichts mehr hilft, braucht es drastische Mittel“, sagt Elke Schilling, Vorsitzende der Seniorenvertretung Mitte. Auch in ihrem Bezirk stünden zwei Rentnertreffs vor der Schließung, in der Schul- und der Rheinsberger Straße. Angeregt durch die Pankower Aktion, werde man nun „alle Protestmöglichkeiten ausloten“, kündigte die 67-Jährige an. Die Aktionen gegen Kürzungen bei Alteneinrichtungen werde auch auf der Landesseniorenwoche Ende August Thema sein.
Die Pankower Seniorenvertretung stellt sich dagegen weiter hinter den Bezirk. Schließungen seien immer schmerzlich, so Christa Arndt, Vizevorsitzende. Aber einzig der Stillen Straße habe man komplett Ausweichmöglichkeiten anbieten können. Der einstimmige Beschluss ihres Beirats sei „nicht so leicht aufzuheben“.
Inzwischen äußerte sich auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU) zur Pankower Besetzung. Die sei zwar Sache des Bezirks, der Protest zeige aber, „wie wichtig es in einer älter werdenden Gesellschaft ist, Senioren in politische Entscheidungsprozesse einzubinden“. Distanzierung klingt anders.
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