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■ Berufsverbot für geschmierte JournalistenAktion „Saubere Federn“

Rom (taz) – Nach der Aktion „Mani pulite“ (Saubere Hände), mit der Italiens Staatsanwälte reihenweise korrupte Politiker und bestechende Unternehmer angeklagt und teilweise in den Knast geworfen haben, hat nun eine andere Berufsgruppe Grund zum Zittern: Journalisten.

Im Rahmen mehrerer Korruptionsverfahren haben die angeklagten Manager ausgesagt, neben Entscheidungsträgern in Politik und Administration auch Meinungsbildner kräftig geschmiert zu haben. So sieht sich nun der um sein Image besorgte Berufsverband der Journalisten zur Aktion „Saubere Federn“ gezwungen. Schon hat die Mailänder Sektion zwei bis dato hochgeschätzte Journalisten aus dem Verband ausgeschlossen, weitere vier zeitlich suspendiert und einen mit einer schweren Verwarnung belegt. Die Maßnahmen bedeuten für die Betroffenen faktisch Berufsverbot.

Die Fälle sind schwerwiegend: So hat der Ferruzzi-Konzern während der umstrittenen Fusion (und Wiedertrennung) der staatlichen Chemieholding ENI mit Ferruzzis Firma Montedison „flankierend“ eine Reihe wichtiger Wirtschaftsjournalisten geschmiert. Inzwischen ist der noch kitzligere Fall der pleitegegangenen Börsen- und Anlagenfirma Lombardfin gerichtsnotorisch: Da waren einige Journalisten (darunter vom Corriere della Sera und von La Repubblica) gar regelrecht mit Monatsgehältern versehen worden.

Besonders ins Schwitzen gerät dabei einer, der selbst zu einer Säuberungsaktion bestellt worden war: der eben im Zuge der Neustrukturierung des staatlichen Fernsehens RAI ernannte Generaldirektor Locatelli. Er hat vorher die industrienahe Wirtschaftszeitung Il sole 24 ore geleitet und stand dabei offenbar sowohl bei Ferruzzi wie bei Lombardfin ganz oben auf der Schmierliste – liest man seine Artikel, hat er die Erwartungen der Firmen ausgezeichnet erfüllt.

Möglicherweise wird der Skandal aber noch weitere Kreise ziehen. Fieberhaft suchen derzeit Redaktionen herauszubringen, wer von ihren Mitgliedern in den letzten Jahren immer mal wieder auf Kosten geldträchtiger, aber gerade mit Imageproblemen kämpfender Konzerne (etwa der Atom- oder der Tabakindustrie) große Reisen unternommen oder an ausgiebigen Festen teilgenommen hat, an deren Ende „Erinnerungsstücke“ wie Goldbarren oder Edelsteine mit nach Hause gegeben wurden.

Die Bestechungsfälle sind nicht die einzige Malaise, die auf die Medien zukommt. Nach einer Reihe sehr harter, teilweise handgreiflicher Auseinandersetzungen in den neuerdings allseits eingerückten Schimpf- und Streitsendungen haben zahlreiche Sponsoren und Reklamekunden ihr Geld für jegliche Darbietungen zurückgezogen, bei denen „der Grundtenor gegenseitige Beleidigung, Bedrohung oder gar die Erwartung von Schlägen ist“, wie ein Sponsor nach Mineralwasser-Schlachten und Ohrfeigen in einer Sendung der Beslusconi- TV-Ketten schrieb. Den letzten Ausschlag dazu gab nun die sonst eher ruhige Sendung „Rosso e nero“ der RAI: Darin hatte der sozialistische Journalist und Europaabgeordnete Giuliano Ferrara zuerst den Industriellen De Benedetti wegen dessen Schmiergeldzahlungen an Parteien heftig angegriffen – dann aber, als ein anderer Journalist daran erinnerte, daß auch Ferraras Wahlkampagne von solchen Schmiergeldern bezahlt worden war, böse Drohungen bis zu Prügel und Mord gegen den Kollegen ausgestoßen und lange Zeit die Fortsetzung der Sendung verhindert. Für die TV-Stationen ist der Rückzug der Sponsoren eine schwere Einbuße – die Streitsendungen hatten immer eine sehr hohe Einschaltquote. Werner Raith

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