Bernhard Pötter Wir retten die Welt: Herausragender Beitrag zum Scheitern
Meine Oma hatte für jede Situation einen passenden Spruch. „Es wird gegessen, was die Kelle schmeißt“ oder „Fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit“. Zogen wir uns fein an, dann war Omas Kommentar: „Nobel geht die Welt zugrunde.“
So eine Oma hat offenbar auch Helene Costa. Die Französin hat eine weltweite Petition gestartet: einen Nobelpreis für Klimaschutz einzuführen (www.climatechangenobelprize.org). Ihre Idee: Nobel hat 1896 per Testament verfügt, einen Preis zu vergeben an Menschen, die im Vorjahr „den größten Nutzen für die Menschheit“ erbracht haben. Ihm fielen damals nur Chemie, Physik, Medizin, Literatur und Frieden ein. Später wurde dann noch der Preis für Wirtschaft dazugemogelt. Aber heute, so Costas Gedanke, ist die drängendste Aufgabe der Klimaschutz. Dafür sammelt sie nun online Unterstützer und Geld. 30.000 Signaturen hat sie schon, 40 Millionen Dollar werden gesucht.
Moment, werden Sie sagen: Nobelpreis für Klimaschutz, das gab’s doch schon mal. Richtig: 2007 bekamen der UN-Klimarat IPCC und Al Gore den Friedenspreis, letztes Jahr der Ökonom William Nordhaus für das Thema in der Wirtschaftstheorie. Aber jedes Jahr eine Ehrung für engagierte KlimaschützerInnen, das wäre neu und spektakulär.
Schauen wir auf unser eigenes Land und die jämmerliche Debatte über das „Klimaschutzgesetz“, wäre wohl ein Anti-Nobel-Preis angemessener. Bei den Klimakonferenzen vergeben Umweltschützer den Schmähpreis „Fossil des Tages“. Dafür qualifiziert sich gerade die CDU/CSU mit ihren Breitseiten gegen den Vorschlag der SPD-Umweltministerin. Für die Christenunion ist das Gesetz Teufelszeug: „Planwirtschaft“ widerspricht dem Koalitionsvertrag, blockiert das Land, treibt die Menschen in die Arme der AfD. Das Motto der Union, die hoch und heilig schwört, die Klimaziele zu erreichen, lautet: Wir wissen auch nicht, wie es gehen soll. Aber jedenfalls nicht, indem wir Ernst machen. Nicht, indem wir hier irgendwas ändern, Und schon gar nicht, indem unsere Minister für Verkehr und Bauen plötzlich umsetzen, was versprochen war. Nee, nee, so nicht!
Wie verzweifelt die Lage ist, zeigt sich daran: Um das erste gute Klimagesetz in Deutschland zu retten, ist unsere letzte und einzige Hoffnung: die Sozialdemokratie. Die Partei der Kohlewerker, Autofahrer, VW-Betriebsräte, Currywurstesser und Klimaschützer-mit-Klimaleugner-Vergleicher. Die müssen’s richten.
Also meinetwegen: Schafft einen globalen Klima-Nobelpreis! Aber dann vergeben wir zeitgleich in allen Hauptstädten der Welt den „Goldenen Abgrund“ für herausragende Leistungen bei der Verzögerung von Klimaschutz. Mal sehen, welche Kandidatenliste länger ist. Und auf welchen Preis die christlichen Lebensschützer und die sozialdemokratischen Zukunftsoptimisten dann hinarbeiten.
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