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Bernhard Pötter Wir retten die WeltAuto fahren für saubere Luft

Sobald ich vor die Tür trete, ist sie da: meine Geruchssinn-Täuschung. Ich würge an der blauen Abgasfahne, die der Oldi-Trabi durch die Luft zieht. Ich setze mich aufs Fahrrad und fange an zu husten, weil der Diesel-BMW vor mir aufs Gas tritt. Zum Glück bilde ich mir das alles nur ein. An den Autos kann es auf keinen Fall liegen, wenn es in den Städten manchmal gesünder ist, die Luft anzuhalten. Gerade hat es Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), wieder bestätigt: „Die deutsche Autoindustrie trägt erheblich zur Verbesserung der Luftqualität in deutschen Städten bei.“

Denn mit neuer Software, „Umstiegsprämien“ und dem Fonds „Saubere Luft“ machen die Autobauer Schadstoffhöllen zu Luftkurorten. Mattes steht da in einer großartigen Tradition. Sein Vorgänger im Job, Matthias Wissmann, hat schon früh betont, wie gut das Auto für die Umwelt ist: Die Luft in den Städten sei „so gut wie nie zuvor“, sagte er bei jeder Gelegenheit. Moderne Lkws würden die Luft so gut filtern, dass sie am Auspuff sauberer sei als vor dem Motor. Und noch ein Jahr bevor die Betrügereien der Branche aufflogen, meinte Wissmann: „Das größte Problem ist die Bedenkenträgerei.“

Es stimmt: Der Gehalt von Blei und Schwefeldioxid ist inzwischen sehr gering. Stickoxide, Feinstaub und Ozon sind in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Und warum? Doch nur, weil die Autoindustrie auf den Knien um die Einführung von Katalysatoren und Rußfiltern gebettelt hat. So wie sie jetzt danach schreit, ihre Luftreiniger auf vier Rädern mit Dieselfiltern nachzurüsten. Weil VW und Co. es als ihre Kernkompetenz sehen, unsere Atemluft sauberer machen, sind Fahrverbote natürlich kompletter Irrsinn. So, als würde man über den Dreck meckern und dann die Müllabfuhr aussperren. Und ich Idiot steige aufs Fahrrad oder nehme den Bus. Eigentlich ist das unverantwortlich. Will ich, dass die Luft so dreckig bleibt, wie sie ist?

Nur Nörgler wenden ein, dass Stickoxide, Ozon und Feinstaub immer noch deutlich über den EU-Grenzwerten liegen und zusammen jährlich 60.000 zusätzliche Todesfälle verursachen. Oder dass das Klimagas Kohlendioxid aus dem Verkehr mehr und mehr zunimmt, statt zu sinken. Aber das ist ja geruchlos, das stört nicht mal meine Nase. Und es ist ja gerade diese Bedenkenträgerei, die uns alle bedroht. Wir sollten konsequent sein und die Luftreinhaltepläne vom jeweils ansässigen Autobauer erstellen lassen. Die wissen, wie das geht. Sie sind ja auch die verkannten Helden in der Klimapolitik. Die Autoindustrie hat schon lange eine Lösung für die Erd­erhitzung, die sie ohne Murren und ohne Dank zu erwarten einfach in jedes Auto einbaut: eine Klimaanlage.

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