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Bernd Müllender EingelochtWieder einmal gelebteVerzweiflung, hier wie dort

Leserinnen! Leser! Ihr lasst mich als Golf-Kolumnist verzweifeln. Da erklärt man, ordnet auch golfkritisch ein, versucht Vorurteile abzuräumen – und kriegt auf taz.de die immer gleichen Entgegnungen wiedergekäut, Whataboutism inklusive.

Im Januar ging es um Ökobilanzen von Golfplätzen, um Naturschutz, Vergleich mit landwirtschaftlich genutzten Flächen, um Kooperation zwischen Verband, Golfclubs und etwa dem Nabu. Über Artenschutz in Biotopen und Blühwiesen, Vielfalt von Fauna und Flora, alles wissenschaftlich begleitet. Leserkommentar: „Vorher war am Platz im besten Fall Wald. Dieser ist jetzt weg. Die Biodiversität nimmt ab.“ Ja, ääh, also…, wäre der Platz Wald gewesen, dann mag das sein. Indes würden Waldrodungen für Golf heute nicht genehmigt. Schneisen, so überhaupt geschlagen, werden ersatzgeforstet.

Und, fragt einer, selbst wenn sich Vieles ökologisch zum Besseren wandelt, was ist in südlichen Ländern? Der Wasserverbrauch! Ja, der ist vehement zu geißeln, besonders in Nordafrika. Da spielt man guten Gewissens auch nicht. Manche Clubs haben eine Meerwasserentsalzungsanlage und pumpen das Nass zum Platz. Möge das okay sein.

Und was kommt immer schnell? Das Grundsatzigitt: Golf sei „als Sportart nahezu belanglos“. Oder es wird „in Deutschland noch als Markier-Sport gesehen, wo sich Manager- und GroßerbInnen verknüpfen“. Oder grundsätzlich: Golf können sich ja nur „elitäre Kreise leisten“. Hallo? Leben wir noch 1890 oder 1980?

Ist Golf teuer? Ich zahle 87 Euro Monatsbeitrag, eine Aufnahmegebühr gab es nicht. Dafür spiele ich viermal im Monat, jeweils dreieinhalb bis fünf Stunden. Macht etwa 17 Stunden Golfglück oder gelebte Verzweiflung, wenn mal wieder nix klappen will. Plus Training ab und an. Sind vier Euro/Stunde elitär?

Meine Schläger habe ich vor 30 Jahren für ein paar hundert Mark gebraucht gekauft, einzelne sind mal dazugekommen. Neue Schuhe: alle drei Jahre. Bälle? Finde ich seit jeher mehr als ich verliere.

Ja, in meinem Club sind auch Anwälte und Ärztinnen, ansonsten: Krankengymnastin, LehrerInnen und JournalistInnen, eine große Gruppe Fluglotsen, ein Tankstellenpächter, Pensionäre, Studierende, ein paar ehemalige Fußballgrößen (etwa Günter Delzepich). GroßerbInnen haben sich noch nicht mit mir verknüpfen wollen. Jugendliche bis 21 zahlen drei Euro im Monat für beliebig viel Spiel. Fußballvereine sind teurer.

Ein anderer Vorbehalt, wie ich lese: Golf bedeute Flächenverbrauch nur für wenige! Mein Platz in Belgien ist nicht für GolferInnen allein. Die Gemeinde hatte beim Bau verlangt, dass ein alter Wanderweg mittendrin erhalten bleibt. Der ist ausgeschildert und wird eifrig genutzt. Gibt es hierzulande auch.

„Auch neben dem Grün wird gemäht, gedüngt und Unkraut vernichtet. Aus ökologischer Sicht eine tote Fläche. Auf einer Blumenwiese kann man nicht golfen“, schrieb jemand. Ja, die Spielbahnen (Fairways) werden gemäht, wie der Rasen in Millionen Gärten auch. Dünger, Unkrautvernichter? Eben immer weniger. Stand im Text. Auf den extra angelegten Blühwiesen am Rand will auch niemand golfen. Und darf es meist nicht. Grüne Pfosten: Biotop, betreten verboten. Weiße Pfosten: Aus!

Mein Lieblings-Kommentar war dieser: Vor Umwandlung einer Bauernwiese zum Golfplatz hätten sich „alle Tiere dort frei bewegen können. Jetzt können die meisten nicht mehr auf den Platz. Maulwürfe, Wühlmäuse, Rehe – alles wird ferngehalten.“ Wer hält fern und wie mag das gehen? Maulwurf-Sheriffs mit dem Schießgewehr? Ober- oder unterirdisch?

Wenn jemand schreibt „Golf ist gelebte Langeweile“, dann urteilt er/sie offenbar über etwas Unbekanntes. Und ich muss mir vorhalten, dass ich auch nach fünf Jahren taz-Golfkolumne die Faszination des Sports immer noch nicht recht vermitteln konnte.

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