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Archiv-Artikel

Berlusconi bangt um die Wählerstimmen

Italiens Regierungskoalition fürchtet schwere Verluste bei den Wahlen in 14 Regionen des Landes am Wochenende

ROM taz ■ 41 Millionen Italiener sind am Sonntag und Montag aufgerufen, in 14 der 20 Regionen die Präsidenten und Parlamente neu zu wählen. Der Urnengang gilt als Stimmungstest für Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein Jahr vor den nächsten nationalen Parlamentswahlen.

Zwar liegen aktuelle Umfragen nicht vor, da ein Gesetz deren Veröffentlichung in den letzten 14 Tagen vor Wahlen verbietet, doch in den Reihen der Mitte-links-Opposition herrscht großer Optimismus. Das Bündnis um Romano Prodi geht nicht nur davon aus, die sechs bisher von ihr regierten Regionen zu halten, sondern hofft auch darauf, der Rechten einige Regionen entreißen zu können.

Vor allem im Süden muss die Rechte mit Verlusten rechnen. Dort ist die auf Druck der Lega Nord gerade in erster Lesung verabschiedete Verfassungsreform mit ihrer Regionalisierung zugunsten des reichen Nordens sehr unpopulär. Das Regierungslager geht schon fast sicher vom Verlust Kalabriens aus. Psychologisch wäre die Rechte jedoch schwer getroffen, wenn auch die bisher mit sicherer Mehrheit regierte Region Apulien verloren ginge, obwohl die Linke dort einen Spitzenkandidaten ins Rennen schickt, der Kommunist und bekennender Schwuler ist.

Auch in den anderen Regionen des Landes sieht es für Berlusconi nicht gut aus. Nach den Versprechen des Wahlkampfs 2001 ziehen heute viele Bürger Bilanz – und registrieren statt wachsenden Wohlstands Einkommensverluste.

Berlusconi selbst hatte die Wahl lange zu einem Urnengang von rein regionaler Bedeutung heruntergeredet und sich weit gehend herausgehalten. Doch die Befürchtung, auch die Region Latium mit Rom sowie den Piemont im Norden zu verlieren, ließ den Ministerpräsidenten in der letzten Woche einen Kurswechsel vollziehen. Plötzlich gilt ihm die Wahl als Schicksalsentscheidung: Wenn die „kommunistische“ Linke unter Prodi gewinne, drohe der italienischen Demokratie große Gefahr.

Die droht aber zunächst nur seiner Koalition, die schon seit einem Jahr mit heftigem Streit beschäftigt ist. Der „Nord-Achse“ zwischen Umberto Bossis Lega Nord und Berlusconis Forza Italia standen dabei die beiden anderen Koalitionspartner gegenüber, die christdemokratische UDC und die postfaschistische Alleanza Nazionale (AN) unter Außenminister Gianfranco Fini. Im Fall schwerer Verluste muss Berlusconi mit der Krise, womöglich gar mit dem Auseinanderbrechen seiner Koalition rechnen. MICHAEL BRAUN