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Archiv-Artikel

Berlins Wegenetz Radfahren ist hier lebensgefährlich

Stellt man sich unser Radwegenetz als Drahtesel vor, sähe der traurig aus. Die Schläuche platt, die Speichen locker, der Rahmen brüchig. Diagnose: Fahren tun mit mir nur Verrückte. Auch wenn Verkehrssenatorin Junge-Reyer jetzt öffentlichkeitswirksam das Ölfläschchen auspackt und ein paar Tropfen ins rostige Getriebe schmiert: Es bleiben Tropfen, dringend geboten wäre die Generalüberholung.

Kommentar von ULRICH SCHULTE

Natürlich ist es löblich, fünf Millionen Euro jährlich in Ausbau und Instandsetzung zu stecken. Natürlich ist es goldrichtig und längst gang und gäbe, sichere Fahrradstreifen auf die Straße zu malen. Die, das nur nebenbei, viel billiger sind als unsichere, konventionelle Wege auf dem Bürgersteig. Damit nicht genug, die Senatorin hat sogar ein Händchen dafür, die richtigen Leute an den Tisch zu bringen.

Doch all das nivelliert eine Tatsache nicht: Radfahren ist in Berlin lebensgefährlich. Das wissen nicht nur die, die täglich in der Stadt unterwegs sind.

Durch Baumwurzeln und lockere Pflastersteine mutieren die roten Bahnen zu Buckelpisten, die die Planer auf haarsträubende Art um Bushaltestellen, Poller oder Parkplätze geleitet haben. Manche Wege münden so abenteuerlich auf zweispurige Autostraßen, dass nur Lebensmüde nicht absteigen. Durchdachte Planung? Wahrscheinlich aus dem Autofenster heraus, im Vorbeifahren.

Allein den verkehrsplanerischen Schrott auf Berlins Straßen zu beseitigen, dürfte ein Mehrfaches des zugesagten Geldes schlucken. Doch die Summe dient nicht nur der Reparatur des Netzes, etliche Kilometer sollen hinzukommen. Dafür ist es höchste Zeit, doch daraus folgt: Viele Radwege bleiben so, wie sie sind – unzumutbar. Zum euphorischen Klingeln gibt’s also keinerlei Anlass.