Berlins Problemairport: BER sendet Mayday
Der neue Berliner Flughafen wird noch teurer als gedacht. Wann er jemals fertig wird, ist nicht absehbar. Derweil will Wowereit wieder die Aufsicht führen.
BERLIN taz | Neue Hiobsbotschaft von der Baustelle des neuen Hauptstadtflughafens BER: „Es wird teurer als ursprünglich geplant“, sagte Aufsichtsratsmitglied Rainer Bretschneider am Montag in der ZDF-Sendung „Wiso“. Die Gesamtkosten für das Großprojekt wurden zuletzt mit 4,3 Milliarden Euro veranschlagt. Bretschneider hält Mehrkosten von 700 Millionen Euro für möglich: „Ob die 5 Milliarden real sind oder nicht, das vermag ich nicht zu sagen. Das bedauere ich sehr“, sagte er.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will unterdessen laut einem Bericht des Spiegels offenbar wieder Aufsichtsratschef der Berliner Flughafengesellschaft werden. Er hatte den Posten Anfang des Jahres an den damaligen Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) abgegeben. Seit Platzecks Rückzug aus der Politik im Sommer leitet Wowereit das BER-Kontrollgremium kommissarisch.
Laut Aufsichtsratsmitglied Bretschneider sind die Gründe für die erneute Kostenzunahme vielfältig: „Der Posten für den Schallschutz ist größer geworden; das Terminal wurde größer gebaut, weil wir mehr Kapazitäten brauchen; und der Apparat läuft eine ganze Zeit, kostet jeden Monat, das ist misslich.“ Die Flughafengesellschaft wird durch Gerichtsurteile gezwungen, deutlich nachzubessern. Zunächst waren die zusätzlichen Kosten auf 305 Millionen Euro beziffert worden. Doch jetzt sieht es so aus, als könnte diese Summe lange nicht ausreichen, sagte Bretschneider: „700 Millionen für den Schallschutz würde ich nicht ausschließen.“
Zur Frage, ob sich der neue Flughafen angesichts der finanziellen Belastungen künftig überhaupt selbst tragen kann, zeigte sich Bretschneider optimistisch: „Im Moment gehe ich davon aus, dass sich das tragen wird, allerdings nicht so früh wie gedacht.“ Schwierigkeiten hätten auch schon andere bei einem großen Flughafenbau gehabt. Den Flughafen München habe man schon „Chaosflughafen“ genannt, weil er seine Kosten verdreifacht habe. „Das heißt nicht, dass wir entschuldigen, was hier passiert ist“, unterstrich Bretschneider.
Hauptproblem bleibt der Brandschutz
Ursprünglich sollte der neue Flughafen am 3. Juni 2012 eröffnen. Die Eröffnungsfeier war schon geplant, der Umzug der Fluggesellschaften vorbereitet, als 27 Tage vorher herauskam, dass dieser Termin nicht zu halten ist. Zunächst hieß es, die Eröffnung solle noch im gleichen Jahr nach den Sommerferien erfolgen. Doch dazu kam es nicht, und auch mehrere weitere genannte Termine verstrichen. Hauptproblem ist bis heute die Brandschutzanlage. Aber da ist noch längst nicht Schluss: Inzwischen liegt eine Liste aller Mängel vor, die auf beeindruckende 75.000 Positionen kommt.
Der Flughafen gehört den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund. Eine Strategie, wie und bis wann der Flughafen doch noch eröffnen könnte, ist nicht erkennbar. Der neu installierte Geschäftsführer, der ehemalige Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, sagte im Juni: „Ich verstehe eigentlich nicht, warum in den letzten zwölf Monaten nichts oder ganz wenig gemacht worden ist.“
Derzeit hält die Flughafengesellschaft nicht mal mehr den Termin zur Verkündung eines Eröffnungstermins ein. Im Juni hatte Mehdorn angekündigt, er werde einen Zeit- und Kostenplan „bis etwa September“ vorlegen. Anfang Oktober verkündete er dann: „Ich kenne den Eröffnungstermin. Doch es ist viel zu früh, um darüber zu reden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts