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BerlinmusikComedian Rhapsody

AnniKa von Trier mag die Berliner Kodderschnauze. Das ist nicht zu überhören, wenn sie singt, und es ist auch nicht zu überhören, dass sie die Stadt, in die sie vor über 25 Jahren gekommen ist, sehr gern hat. „Du bist die Schönste auf der Welt /Verkauf Dich nicht für schnelles Geld“, singt die Musikerin in der Hommage „Berlin, es ist Zeit!“, und selbst der Winter an der Spree wird bei ihr fast liebevoll besungen.

AnniKa von Trier, die eigentlich Annika Krump heißt (ihr Künstlername verrät, wo sie aufgewachsen ist), bewegt sich in ihren Songs zwischen Kabarett, Revuestücken und Chanson – die Stücke sind geprägt von ihrem prononcierten Gesang und Akkordeonspiel. Von Trier ist auf den Bühnen als Performerin, Autorin und Sängerin schon lange unterwegs, mit „Gerade Jetzt! Urbane Lieder“ veröffentlicht sie nun den Mitschnitt eines Konzerts in Wien.

Sprachwitz und Situationskomik, Anarchisches und Alltagsgeschichten sind darauf zu hören, der Text steht in den zehn Stücken immer im Zentrum, von Trier singt gekonnt über den Berliner Imperativ des „Du sollst kreieren“ („Digital Bohème“), etwas erwartbar über Konsumismus („Window Shopping“), denkt über die Gleichzeitigkeit des Weltgeschehens nach („Gerade jetzt“) und begibt sich wortverspielt in die Pflanzenwelt.

Stark ist von Trier, die zuletzt mit dem Deutsch-Französischen Chanson- und Liedermacherpreis ausgezeichnet wurde, in der Variation ihrer Stimme. Sie könnte auch als Stand-up-Comedian durchgehen, in genanntem Berlin-Song changiert sie zwischen hohem Gesang, Sprechgesang und beat­boxartigen Geräuschen, in „Jederzeit erreichbar“ erzählt sie eine kleine Geschichte von etwas zu einseitiger Kommunikation. Die Musik ist da manchmal „nur“ schmückendes Beiwerk, das Akkordeon spielt von Trier mit ähnlicher Leidenschaft, wie sie ihre Texte vorträgt. Zuweilen denkt man, die Stücke könnten noch etwas mehr Abwechslung oder aber auch den Einsatz weiterer Instrumente vertragen. Zu ihrem Lieblingsinstrument kam von Trier übrigens, als sie in der Nachwendezeit in einem Abrisscontainer stöberte und dort eine Quetschn fand.

Freunde des Kabaretts dürfte „Gerade jetzt“ auf jeden Fall überzeugen, aber auch Leute, die gern Liedermacherinnen hören, sei empfohlen, Frau von Trier mal ein Ohr zu schenken.   Jens Uthoff

AnniKa von Trier: „Gerade Jetzt! Urbane Lieder“ | annika-von-trier.com, Release-Konzert am 30. Mai, 20 Uhr im Roten Salon

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