■ Berliner Telegramm: Politbüro-Prozeß: Ende der Beweisaufnahme?
Das Landgericht entscheidet am heutigen Montag über das Ende der Beweisaufnahme in dem seit eineinhalb Jahren laufenden Politbüro-Prozeß. Dabei geht es um die Frage, ob auf Antrag der Verteidiger noch weitere Zeugen angehört werden. Andernfalls könnte die 27. Große Strafkammer die Beweisaufnahme schließen und die Staatsanwaltschaft mit ihrem Plädoyer beginnen. In dem Prozeß müssen sich der letzte DDR-Staats- und -Parteichef Egon Krenz (60), der frühere Ostberliner SED-Bezirksleiter Günter Schabowski (68) und der SED-Wirtschaftsfachmann Günther Kleiber (65) wegen der Toten an Mauer und Stacheldraht verantworten. Sie sollen als Mitglieder des Politbüros die Opfer an der Grenze billigend in Kauf genommen haben. Die Verteidigung von Schabowski hatte vergangene Woche beantragt, das Gericht möge noch den bereits im Juni aus Gesundheitsgründen aus dem Prozeß ausgeschiedenen Horst Dohlus als Zeugen anhören. Er soll die Aussage von Schabowski untermauern, wonach die Mitglieder des Politbüros nicht über Einzelheiten bei Schußwaffeneinsätzen an der Grenze informiert waren. Für den Fall, daß Dohlus vernommen wird, hat auch die Krenz-Verteidigung weitere Beweisanträge angekündigt. Ursprünglich sollte die Staatsanwaltschaft nach den Planungen der Kammer bereits vor zwei Wochen mit den Plädoyers beginnen. Dies hatte sich allerdings verzögert, weil Krenz und Schabowski sich erstmals bereit erklärten, Fragen des Gerichts zu beantworten. Dabei hatten beide Angeklagten den juristischen Vorwurf des Totschlags an Flüchtlingen zurückgewiesen. dpa
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