Berliner Szenen: Am Dandy Diner
Keine Burger mehr
Morgens komme ich immer an diesem Laden vorbei, kurz vor dem Hermannplatz. „Dandy Diner“ steht da in großen Buchstaben. Der vegane Imbiss ist seit Monaten geschlossen. Einmal hatte ich ihn betreten, den weiß gekachelten Raum, nur um zu sehen, welchen Reiz die Leute darin sehen, sich vegane Burger im Schlachthausambiente servieren zu lassen. Beim Anblick des einfallslosen Logos – ein grinsendes Schwein – hätte ich gern laut aufgeschrien. Ich dachte: Vielleicht sind die pfiffigen Dandys ja schon weiter, die Betreiber sollen ja so trendige Blogger sein. Aber irgendetwas lief falsch, denn außer grinsenden Schweinen und grinsenden Mitarbeitern war niemand da. Bei der Eröffnung hatte es noch einen Aufruhr gegeben, die Straße war verstopft, alle wollten Free Burgers, sogar die Polizei musste kommen. Das Blaulicht sah bestimmt schön aus auf den weißen Kacheln.
Jetzt hängt da ein Plakat im Fenster: „We regret to inform you that we are closing Dandy Diner. The board of directors has decided to invest in new market opportunities.“ Mein Tag beginnt mit einem Mischgefühl aus Entsetzen und Bestätigung. Die Zeilen schweben in einer Sprechblase über den Köpfen der beiden Inhaber. Die sind allem Anschein nach gar nicht so traurig über das Aus, sie strahlen fröhlich aus ihren Fast-Food-Uniformen, mit allen Daumen nach oben. Wer sollte ihnen die gute Laune auch übel nehmen, bei den schönen, neuen Marktmöglichkeiten. Oder angesichts ihrer Erleichterung, die Verantwortung für das ganze Burgerladenfiasko unverhohlen an die Investoren abwälzen zu können. Vielleicht lachen sie auch über all jene, die dachten, das Betreiben eines veganen Ladens hätte etwas mit veganem Essen zu tun. Aber vermutlich sind die Dandys einfach wieder einen Schritt weiter mit ihrem Marketingkonzept: die nackte, schäbige Wahrheit. Ilija Matusko
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