Berliner Szenen: Suche im Supermarkt
Porridgemanie
Mein Handy klingelt. Paul ruft an. „Hier sind keine Haferflocken!“, nörgelt es aus dem Hörer. Er ist einkaufen gegangen. Paul liebt einkaufen gehen. Er macht keinen Sport und ernährt sich im weitesten Sinn von Dingen, die man mit Käse überbacken kann. Stattdessen raucht er zu viel und trinkt Bier, kurz: Paul ist ein echter Punker. Aber er geht gern einkaufen.
Also Essen, Getränke; keine Klamotten, Schuhe oder Möbel, dafür bin ich zuständig. Er geht in den Supermarkt. Ich schicke ihm Einkaufslisten. Normalerweise immer das Gleiche: Brot, Milch, Butter … Heute eben auch, total extravagant: Haferflocken.
„Hier sind keine Haferflocken!“, nörgelt Paul. „Wo sollen die denn sein?!“ – „Oh Mann, Paul, ey!“, sage ich, „woher soll ich das wissen? Musste gucken!“ – „Ich gucke ja!“, ruft er, „hier is nix!“ – „Wo genau bist du denn?“, frage ich. „Beim Müsli!“, sagt er. „Die Haferflocken stehn nich beim Müsli“, sage ich, „du musst beim Mehl gucken.“ – „Da hab ich schon geguckt“, sagt er, „da sind sie nicht.“ – „Mann, Paul“, sage ich mit wachsender Verzweiflung, „kannst du nicht einfach fragen? Da laufen doch sicher Hilfskräfte rum. Frag doch mal eine von denen.“
Paul grummelt irgendwas und beendet das Gespräch. Ich weiß ganz genau, dass er niemanden fragen wird. Er bittet grundsätzlich niemanden um Hilfe. Da könnte er ja gleich nach dem Weg fragen, wenn er nicht weiß, wo’s langgeht.
Wie heißt eigentlich diese Krankheit, die es Männern verbietet, im Supermarkt einen Angestellten zu fragen, wo die Haferflocken stehen, aber nicht, die Ehefrau anzurufen, die es nicht wissen kann, weil sie zu Hause sitzt?! Ich frage das Internet. Die Antworten kommen prompt. „Der ist halt schüchtern“, schreibt einer (@monettenom). „Porridgemanie“, vermutet ein anderer (@bibo_bird). Ein Dritter (@metaview) sagt: „Männer fragen nie, Männer wissen. Glaube ich jedenfalls. Moment, ich frag mal meine Frau.“ Ach, es ist schön, wenn man mit einem Problem nicht allein ist. Lea Streisand
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