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Berliner SzenenAuf dem Alex

Kälbchenretter

Solange mich niemand missionieren will – nichts dagegen

Abends war ich mit einer Freundin verabredet, wir wollten uns in der Strandbar hinter dem Pergamonmuseum treffen, zum Swingabend. Da noch etwas Zeit war, wollte ich vorher eine Kleinigkeit essen. Am Alexanderplatz kaufte ich mir bei einem der sogenannten Grillwalker eine Bratwurst. Ich setzte mich auf den Rand des Brunnens vor dem Kaufhaus und schaute mir all die Stände an, die dort aufgebaut waren.

Als ich das erste Stück von meiner Bratwurst abbiss, merkte ich, dass um mich her­um ein „veganes Sommerfest“ stattfand. Wenige Meter von mir entfernt stand ein Wagen mit einer riesigen Sau drauf. „Massentierhaltung abschaffen!“, hieß es auf einem Plakat, und auf der Sau selbst stand „Probier’s vegan“. Auch wenn ich das nicht vorhatte, spazierte ich mit meinem Wurstbrötchen über den fleischlosen Markt.

Es gab unglaublich viele Speisen in veganen Varianten: Es wurden vegane Dominowaffeln verkauft, bei den „Tofu Tussis“ gab es „phänomenale Tofu-Burger“, vegane Döner wurden ebenfalls angeboten für stolze 5,50 Euro. Der Werbespruch an dem Stand „Fresh Vegan Food“ lautete „Kein Schwein hat was dagegen“.

Auch ich nicht – solange mich niemand missionieren will, was auch nicht passierte. Als ich meine nichtvegane Bratwurst verputzt hatte, sah ich einige Plastikkälbchen in Boxen. „Werde auch du Kälbchenretter“, hieß es dort, „und trinke Pflanzenmilch!“ Da ich ein großer Fan von Kuhmilch bin, am ­besten direkt aus dem Stall, sprach mich auch dieser Appell nicht an. Leben und leben lassen.

Die „Grillwalker“ verkauften ihre Fleischwürste im gebührenden Abstand zu den Veganern. Die Gefahr, dass es die mobilen Verkäufer vielleicht bald nicht mehr geben wird, besteht nicht. An den Grills stand zu lesen: „Unser Team sucht Verstärkung.“ Barbara Bollwahn

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