Berliner Szenen: Am Alexanderplatz
Im Trend
Das monströse rosafarbene Einkaufszentrum am Alexanderplatz betrete ich eher ungern. Zu voll, zu laut. Und Einkaufen ist eh nicht so meins.
Anders das Kind. Es braucht neue Hallenturnschuhe. „Die kaufen wir am Alex, da ist die Auswahl größer“, sagt der zehnjährige Schuhexperte. Es ist Samstagvormittag und brütend heiß. Ich atme tief durch, als wir das Center betreten. Das Kind ist in seinem Element. „Ganz oben, zweiter Stock, nach hinten durch.“ Wenige Minuten später stehen wir vor den Regalen und einem Problem: „Es ist keine Hallensaison, da ist die Auswahl klein“, erklärt der nette Verkäufer. Ich wusste nicht, dass Turnschuhe Saisonware sind.
Wir erwerben ein paar Schuhe in Neonorange. Die sind reduziert, und ich freue mich, dass wir außerhalb der Saison einkaufen. „Blöd, dass immer nur du neue Schuhe kriegst“, sage ich leichtsinnig zum Kind. „Wir müssen ja noch nicht nach Hause“, kommt die schnelle Antwort. Und schon stehen wir in so einem Trendschuhladen. Es dauert keine weitere Minute, da strahlt das Kind übers ganze Gesicht. „Guck mal, das hier sind die Schuhe, die der Verkäufer auch trägt!“ Den hatte ich bis dahin noch gar nicht wahrgenommen, geschweige denn seine Schuhe.
Aber in der nächsten Stunde habe ich ausreichend Gelegenheit dazu. Und bekomme Modetipps, die für die anderen Kunden sicher lustig sind. „Nee, Mama, aus dem Alter bist du raus!“ Oder: „Also, für die müssten deine Hosen unten enger sein.“ Am Ende finde ich ein Paar ziemlich teure Schuhe – aber ich kann die ja auch jahrelang tragen. Und das Kind bekommt auch noch welche, „total cool, nur 60 Euro“. An der Kasse ist die Summe dann viel höher als erwartet. „Huupsi! Da hab ich mich wohl vertan. Aber ich geb dir 30 Euro aus meinem Sparschwein dazu. Das geht dann doch, oder?“ Gaby Coldewey
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