Berliner Szenen: Die Polizei
Autoritär vulgär
„Mit diesem Schrottfahrrad können Sie nicht weiterfahren“, sagt mir der Polizist, der Fahrräder am Eingang des Gleisdreieck kontrolliert. Zählt „Schrottfahrrad“ als Beleidigung? Oder gar Diskriminierung?
Ich fühle mich jedenfalls beleidigt, als er mir das sagt. Um Zeit zu gewinnen, mache ich ein „Verstehe-ich-nicht“-Gesicht.
„Sie können mit diesem Schrottfahrrad nicht weiterfahren!“, schreit er mich jetzt an. „Das ist kein Schrott!“, schreie ich zurück, denn strategisch zu denken geht jetzt nicht mehr.
Der Polizist ist jung. Seine Uniform steht ihm gut. Ich kann in seinen Augen sehen, dass es ihm Spaß macht, diesen autoritären Ton vor seinen älteren KollegInnen zu verwenden. Er strahlt.
„Das ist kein Schrott!“, wiederhole ich.
Er hält still. Ich bin gespannt darauf, was jetzt kommt.
„Wissen Sie, manche Leute machen aus Scheiße Bonbons“, sagt er und guckt dabei triumphierend eine Kollegin an.
„Und manche sind fantasielos und vulgär“, antworte ich.
Ich habe nur – genauso wie er – „manche Leute“ gesagt, also habe ich niemanden beleidigt. Und er hat angefangen.
Er sagt aber eine Weile nichts.
Das Wetter ist schön, man hört spielende Kinder und Musik aus dem Park. Eigentlich könnten wir uns – er und ich – darüber freuen. Doch sein Status und meine Vorurteile gegenüber Beamten erlauben uns das nicht.
Der Polizist meint, ich solle endlich weitergehen und das Schrottfahrrad schieben. Sollte ich auf die Idee kommen, nach einigen Metern wieder aufzusteigen, würde ich von ihm eine fette Anzeige kriegen. (Mit Autogramm?)
„Trotzdem schönen Tag“, sagt er. Zu spät! Ich hatte gerade akzeptiert, dass eine menschliche Ebene zwischen uns nicht möglich ist. Ich grüße nicht zurück.
Luciana Ferrando
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