Berliner Szenen: Fundbüro
Nur Pack und Diebe
Vor dem zentralen Fundbüro am Platz der Luftbrücke nähern sich zwei junge Männer einem Paar, das gerade im Begriff ist, die Tür zu öffnen, und reichen ihnen stumm ein Blatt Papier, mit Handgesten in Richtung Tür. Der Mann und die Frau nicken und öffnen den beiden Männern die Tür.
Am Kassenschalter, an dem auch kleinere Wertsachen wie Portemonnaies und Schmuck abgeholt werden können, stehen bereits zwei Männer. Der vordere fragt nach einem vor Monaten verlorenen Portemonnaie und verliert sich dabei in Detailschilderungen, der hintere dampft währenddessen hektisch eine E-Zigarette und spricht die zwei neu dazugekommenen Männer an: „Na, auch wat verloren?“ Die beiden verstehen ihn nicht, zucken mit den Achseln und unterhalten sich leise auf Arabisch.
„Klar, klar, wisster noch nich, wa? Ick ja ooch nich, is wahrscheinlich eher geklaut, ja, is wahrscheinlicher, dat stimmt“, fährt der E-Zigaretten-Raucher fort und sieht sich dabei hektisch nach allen Seiten um.
Dann fixiert er den vor ihm Stehenden, der immer noch aufzählt, was für Papiere sich in seinem schwarzen Lederportemonnaie befänden, und beugt sich zu den beiden arabischen Männern mit den Worten: „Nich aufregen, labern lassen, einfach labern lassen. Is gleich vorbei.“ Dabei bläst er ihnen eine dicke Dampfwolke ins Gesicht.
Als er an die Reihe kommt, bläst er auch der Kassiererin erst einmal eine Dampfwolke entgegen und fragt dann nach einer grünen Kauflandtüte mit einem Sozialticket, vier roten Krawatten und zwei Äpfeln, die er im Dezember verloren habe. Als sie antwortet, dass sich eine solche Tüte im Fundus nicht auffinden lässt, rastet er aus: „ Hab ich mir ja gleich gedacht, dass man hier nicht hinkommen muss! War ja echt klar. Niemand Ehrliches mehr unterwegs, nur Pack und Diebe.“ Eva-Lena Lörzer
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