Berliner Szenen: Ohne Farbband
Brauchbares Gerät
Ich habe die Schreibmaschine wieder. Ihr Zwischenbesitzer hat sie mir zurückgebracht. Sie war der letzte Gegenstand, der in seiner Wohnung zurückgeblieben war. Er ist weggezogen aus Berlin.
Jahrelang war es ihm nicht gelungen, sich auf die Suche nach einem neuen Farbband zu machen. Jetzt bin ich also dran. Mitte der sechziger Jahre hatte meine Großmutter die Schreibmaschine meiner Mutter geschenkt, eine Olympia. Damals war es das neueste Modell. Erst jetzt fällt mir auf, dass der Schriftzug, die Walzendrehknöpfe und die Umschalter dezent verspielt in Minttürkis gehalten sind.
Hätte meine Mutter darauf Übersetzungen getippt und eine Laufbahn als Übersetzerin eingeschlagen, wäre ich heute vielleicht nicht auf der Welt, fantasiere ich. Aber dann kamen das Theater, der Schauspieler, die Kinder. Ein älterer Musiker rät mir, die Schreibmaschine mit Kontaktmikrofonen zu versehen und zu spielen. Eine bedenkenswerte Idee, zugegeben, ich aber will sie schreiben.
„Können Sie mir vielleicht ein Farbband bestellen?“, frage ich die Händlerin des Schreibwarenladens in meiner Straße. Sie findet die Frage gar nicht so abwegig wie ich. „Bringen Sie sie her,“ meint sie dann noch, denn ich habe keine Ahnung, welches Band die Olympia braucht. Keine zehn Minuten später stehe ich wieder an der Ladentheke und bin etwas aufgeregt. Das vorrätige Farbband passt, und siehe da, von einem Moment auf den anderen ist die Schreibmaschine wieder ein brauchbares Gerät. „Heute ist ein Schreibmaschinentag“, lächelt die Händlerin, denn erst seit ein paar Stunden wartet das Modell einer alten Dame unter dem Verkaufstresen auf ein neues Farbband. Die Olympia steht jetzt auf meinem Arbeitstisch, manchmal blicke ich sie noch ungläubig an. Franziska Buhre
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