Berliner Szenen: Im Getränkemarkt
2-Bier-Trinker
Einer der Konstanten meines Lebens besteht darin, jeden Tag in den Getränkemarkt zu gehen, um zwei Bier zu kaufen. Ich bin nämlich kein richtiger Trinker, eigentlich lehne ich das Trinken ab, sondern lediglich ein 2-Bier-Gewohnheitstrinker. Die Jugend war Jever und Beck’s, viele Jahre dann Budweiser, und als Budweiser irgendwann immer öfter 99 Cent kostete, diese gut aussehenden grünen oder roten polnischen Biere oder DAB, weil ich das Ruhrgebiet gut finde. Zwischendurch auch mal zu Netto, wo das Budweiser nur 79 Cent kostete, aber das war nicht das Gleiche, und ich vermisste die Leute aus dem Getränkemarkt.
Irgendwann vor ein paar Monaten änderte der Getränkemarkt seine Ausrichtung. Wo zuvor nur das Übliche stand, gab es nun jeden Tag mehr Sorten, die vor allem aus Süddeutschland kamen. Es handelte sich um eine bayerische Invasion, die vor einigen Jahren mit der flächendeckenden Einführung von Augustiner als angesagtem Bier zwischen Späti und Party begonnen hatte und die ich begrüßte, vor allem auch, weil viele Sorten 89 Cent kosteten.
89 Cent ist meine psychologische Grenze. Ein Bier, das 89 Cent kostet, ist seriöser als eines für 79 Cent. Sternburg ist eher was für linke Sparfüchse mit Punkattitüden, und die 29-Cent-Biere bei Netto sehen so traurig aus wie Fleisch für 3,80 das Kilo.
Ein paar Monate trank ich meist Grüner-Bier aus Fürth, ab und zu Simon aus Lauf an der Pegnitz. Die vier verschiedenen Weizenbiere der Brauerei Grünbacher gefallen mir auch ganz gut oder Mooser Liesl, auch weil der Blauton auf dem Etikett schön ist. Vor allem ist es aber schön, jeden Tag in den Getränkemarkt zu gehen und neue Sorten mit neuen, interessanten Etiketten zu probieren, als lebte man in einer neuen Gegend.
Und wenn der Abend ein Fest sein soll, kaufe ich manchmal neben einem 89-Cent-Bier Edelbiersorten wie Ayinger oder das Spezial Hell aus Andechs, das für mich eines der besten Biere der Welt ist. Detlef Kuhlbrodt
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