Berliner Szenen: Der Neue
Männer und Technik
Den Abschied habe ich lange genug hinausgezögert. Aber mein Laptop schwächelt, und ich fürchte, den bevorstehenden Kurztrip ins Ausland macht er nicht mehr mit. Nun soll möglichst schnell sein Nachfolger her, und so betrete ich eines Samstagnachmittags den Laden der Handelskette mit einem grünen g im Signet, am Anfang der Einkaufsmeile Schloßstraße.
Schnurstracks steuere ich die infrage kommende Modellreihe an und warte. Aber weit und breit ist kein Mensch zu sehen, der mir etwas verkaufen könnte. Nach einigen Minuten erscheint aus dem Nichts eine Gruppe Verkäufer, unter ihnen zwei halbseitig halbarmig tätowierte Männer. Der halbarmig rechts tätowierte macht sich mit Sprühreiniger und Küchenpapier an die liebevoll akribische Behandlung einer Präsentationsfläche, der halbarmig links tätowierte bedient mich. Vielleicht bin ich eine schlechte Kundin, denn mein Entschluss ist rasch gefasst. Zwischen mir und dem neuen Gerät steht nur noch Papierkram. Wäre das so einfach! Am Computer gilt es ein Formular auszufüllen und in geheimnisumwobenen Nebenräumen auszudrucken. Die ersten beiden Versuche misslingen dem halbarmig Linkstätowierten, weitere zehn Minuten vergehen.
Es ist wie früher im Büro, denke ich in einem romantischen Anflug: Ein Dokument auf die Reise schicken, erwartungsvoll den Flur hinunterrasen, um zu schauen, ob der Ausdruck auch was geworden ist. Mir ist herzlich egal, ob sich das Formularportal geändert hat. Wozu der ganze technische Krimskrams hier, wenn schon ein Ausdruck die Herren überfordert? Die Berliner Philharmoniker schließlich machen den zeitverschwenderischen Unbill einigermaßen vergessen: Eine Aufnahme aus der digitalen Konzerthalle läuft auf dem Neuen fantastisch.Franziska Buhre
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen