piwik no script img

Berliner SzenenIm Koffeinrausch

Kolumne
von Andreas Resch

Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.

I ch trinke gern Kaffee. Sehr gern. Manchmal freue ich mich abends beim Zubettgehen schon auf die erste Tasse am nächsten Morgen. Seit meine Freundin unter der Woche in einer anderen Stadt arbeitet, trinke ich jeden Morgen eine ganze Kanne. Früher, als sie noch in Berlin war, haben wir uns die Kanne geteilt. Ich könnte natürlich auch eine halbe Kanne trinken. Aber irgendwie kommt mir das verkehrt vor.

Vor ein paar Tagen begab es sich, dass ich mit einer Kanne Kaffee intus mit meinem Wagen in eine Polizeikontrolle geriet. Ich wurde auf einen Parkplatz gelotst und aufgefordert auszusteigen. Dann musste ich ein paar Tests über mich ergehen lassen, die mir albern vorkamen: die Arme ausbreiten, meine Nasenspitze berühren, mit geschlossenen Augen bis dreißig zählen. Und obwohl ich sämtliche Prüfungen mit Bravour meisterte, teilte man mir mit, ich habe einen nervösen Eindruck gemacht. Aus diesem Grund wolle man mich einem Drogentest unterziehen. Als ich auf meinen exzessiven Kaffeekonsum verwies, erntete ich nur ein müdes Lächeln: Ja, ja, sollte das wohl heißen, rede du nur, wir glauben dir kein Wort.

Ich wurde also gebeten, in einen Plastikbecher zu urinieren, ansonsten würde man eine Blutuntersuchung anordnen lassen. Auf Letzteres hatte ich keine Lust. Mein Bruder wartete im Auto. Wir wollten Tennis spielen. Ich entschied mich dafür, zu pinkeln.

Auf dem Weg zum Toilettenhäuschen spielte ich diverse Fluchtszenarios durch. Eigentlich hatte ich nicht so richtig etwas zu befürchten, aber man weiß ja nie. Und das Gebräu aus Adrenalin und Koffein, das durch meine Adern floß, nein: brodelte, tat sein Übriges. Das Ergebnis des Tests war negativ. Man entschuldigte sich bei mir. Ich stieg ins Auto und fuhr davon. Solange exzessiver Koffeinkonsum straffrei bleibt, habe ich wenig zu befürchten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!