piwik no script img

Berliner SzenenKlebekaramellaffinität

Michael Brake
Kolumne
von Michael Brake

Erst ist es eine normale Überraschungsgeburtstagsparty. Aber als jemand Toffifee ins Spiel bringt, wird es einer von diesen speziellen Abenden.

Wussten Sie, dass in Berlin jeden Monat so viel Bier konsumiert wird, wie in die Kugel des Fernsehturms passt? Bild: dpa

A ls alle „Happy Birthday“ singen, stehe ich vorm Toilettenspiegel und suche eine Kontaktlinse, die sich irgendwo neben meinen linken Augapfel geschoben hat. Drei Minuten lang. So verpasse ich den entscheidenden Moment der ersten Überraschungsgeburtstagsparty, auf die ich jemals eingeladen war. Der Duft von Wunderkerzen zieht zu mir herüber. Nachdem ich die Linse endlich gefunden habe, gehe ich ins Hinterzimmer zum Belegte-Brote-Buffet. Ich habe noch nicht zu Abend gegessen und jetzt ist es auch egal. Die Ziegenkäserollenscheiben schwitzen.

Draußen hat irgendjemand Toffifee auf den Tisch gelegt und wir reden eine halbe Stunde über die Toffifee-Werbung, die Toffifee-Zutaten, die Toffifee-Ekligkeit, die Toffifee-Verpackungsillustrationen, die Klebekaramellaffinität von Storck, das Wortspiel im Markennamen von Bifi und so weiter. Es ist sehr lustig. Später erzählen U. und C. von der zehnstündigen Autofahrt zum Bachmannpreis in Klagenfurt, wo sie sich die Zeit mit Begrifferatespielen vertrieben haben. Bei einem sagt einer Wörter und die anderen müssen den Oberbegriff raten. An „Verben, die kein Geräusch machen“, sind alle verzweifelt. Und was ist das hier: Auster, Zahn, Spargel?

Ich frage mein Gegenüber, ob er auch schon mal in Klagenfurt gelesen habe, und während ich die Frage ausspreche, fällt mir wieder ein, dass er dort sogar gewonnen hat. Vor Scham verstecke ich mich in meinem Bierglas.

Als ich wieder rauskomme, ist es schon halb zwei, aber es sitzen immer noch viele Leute in der Mittwochsommernacht. Es ist einer von diesen Abenden. Ich nehme ein Toffifee und stelle fest, dass nur eine halbe Haselnuss drin ist, anders als auf der Verpackung abgebildet. Ein Fuchs trottet auf den Straßenbahngleisen die Greifswalder Straße entlang.

Jeden Monat wird so viel Bier in Berlin konsumiert, wie in die Kugel des Fernsehturms passt, sagt jemand. Erstaunlich – aber wahr!

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Michael Brake
wochentaz
Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!