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Berliner SzeneWohin disaPpArIERST du?

Gutenachtlektüre

Wo Harry Potter in Wirklichkeit wohnt, weiß ich nicht

Wir sind gerade an der Stelle angelangt, wo Harry Potter nach seinem Einbruch ins Zaubereiministerium ganz schnell abhauen muss. „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, 7. Band, irgendwo in der Mitte. „Warum disappariert er nicht einfach?“, fragt Fup. „Weil man aus dem Zaubereiministerium nicht disapparieren kann, genauso wenig wie aus Hogwarts“, sage ich. „Da hat doch Dumbledore den Fidelius-Zauber errichtet, damit Voldemort nicht einfach reinspazieren kann.“ – „Ach ja“, sagt Fup. „Ich würde zu Harrys Haus disapparieren.“ – „Aber das gibt es doch gar nicht“, sage ich, bin mir aber nicht sicher, ob er jetzt den Roman oder die Wirklichkeit meint.

Wo Harry Potter in Wirklichkeit wohnt, weiß ich nicht. Im Buch musste er gerade sein Zuhause am Grimmauldplatz aufgeben, weil ihm ein Tod­esser auf die Schliche gekommen war. Jetzt lebt Harry ständig auf Achse. „Soll ich weiter vorlesen?“, frage ich, weil ich gespannt bin, wie es weitergeht. „Wenn du disapparierst, wohin disapparierst du dann?“, fragt Fup. „Keine Ahnung. Vielleicht an die Ostsee? Von da aus könnte ich dann auch wieder schnell wegdisapparieren. Oder ins Brandi zum Kaffetrinken?“ – „Ich disappariere zu dir.“ Süß, denke ich. „Aber wenn du nach Hause disapparierst und ich wäre gerade weg, dann wärst du ganz allein in der Wohnung“, sage ich, weil ich weiß, dass es ihm unheimlich allein zu Hause wäre. „Dann disappariere ich zu Mama“, sagt Fup. „In die taz?“ – „Ja“, sagt Fup, „ich kenn mich da aus. Ich weiß, wo Mama arbeitet.“ – „Und wenn Mama auch nicht da ist?“ – „Dann zu Oma“, sagt Fup. Ich lese weiter vor bis zur Stelle, wo Ron beim Disapparieren von einem Todesser ein Stück Fleisch aus der Schulter gerissen wird. Nicht gerade eine tolle Einschlaflektüre, denn Fup sagt: „Halt mich fest!“ Ich muss ihm noch lange Bob Dylans „Born in Time“ vorsingen. Klaus Bittermann

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