Berliner Szene: Spät in Steglitz
50 Prozent auf alles
Im September fand ich einen Zettel im Briefkasten, „Neueröffnung Spät Kauf“ stand darauf. Augenblicklich fantasierte ich, es den werten KollegInnen, die an dieser Stelle regelmäßig von ihren Erlebnissen in und vor diversen Spätis in Neukölln berichten, endlich einmal gleichtun zu können: mit einer Begebenheit vom Spätkauf in meinem Steglitzer Kiez.
Doch halt, stand da wirklich „frisches Obst und Gemüse“? Das klingt ja nicht gerade nach typischem Späti-Angebot.
Wann immer ich in den darauffolgenden Wochen abends am „Spät Kauf“ auf dem Hindenburgdamm vorbeifuhr, war er geschlossen. Der Gemüsehändler, der den Laden vorher betrieb, hatte offenbar das Handtuch geworfen und der Neue vielleicht noch nicht die Genehmigung für den durchgehenden Betrieb. Im November fragte ich nach. Er habe den Späti-Betrieb anfangs an drei Abenden probiert, das habe sich aber nicht gelohnt, sagte der Pächter. Und er hatte auch schon Schilder im Fenster, „50 % auf alles“.
Vor Kurzem dann die Sensation: „Spät Kauf“ leuchtete am Abend, alle Regale in den Fenstern voll mit Flaschen voll alkoholhaltiger Getränke. Zurück von der Ausfahrt zum Wannsee, hielt ich an und ging hinein. „Ist Ihr Laden jetzt wirklich ein Späti?,“ frage ich den Mann hinter der Theke. „Ja“, lächelt er, es laufe einigermaßen. „Auch noch in ein paar Monaten?“ Auch dann noch.
Leider hatte ich gerade alles, was ich brauchte, versicherte ihm aber, garantiert wiederzukommen. Das Angebot an Biersorten habe ich auch noch gar nicht gecheckt. Aber das können dann ja meine BesucherInnen aus Neukölln und Kreuzberg tun.
Bislang hat „mein“ Spätkauf auch noch keinen Tisch vor seinem Laden, dafür drinnen einen Stehtisch. Auch dort wird es Geschichten geben, ganz sicher.
Franziska Buhre
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