Berliner Senat prüft Vertrag mit S-Bahn: "Das S-Bahn-Monopol brechen"
Der Berliner Senat will die Deutsche Bahn schwächen und prüft den Kauf der S-Bahn-Züge und Betrieb von Strecken durch andere. Keinesfalls soll der Vertrag "einfach so" verlängert werden.
BERLIN taz | Das Land Berlin geht zum Frontalangriff auf die Deutsche Bahn über. Es sei "wichtig, das Monopol der S-Bahn zu durchbrechen", sagte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Donnerstag in der Hauptstadt.
Nachdem die S-Bahn seit Monaten nur noch mit einem Teil ihrer Fahrzeuge fährt und teilweise nur noch jede dritte Bahn im Einsatz war, will das Land den bis 2017 laufenden Vertrag mit der Bahn-Tochter auf keinen Fall einfach so verlängern. Stattdessen denkt der Senat darüber nach, die Fahrzeuge zu übernehmen und dann einen anderen Betreiber zu suchen. Ein Teil der S-Bahn-Strecke könnte auch offen ausgeschrieben oder vom landeseigenen Verkehrsunternehmen BVG betrieben werden. Dies soll die Position der Bahn strukturell schwächen.
Das Eisenbahn-Bundesamt hatte im vergangenen Jahr festgestellt, dass die S-Bahn ihre Fahrzeuge nicht so häufig gewartet hatte wie zugesagt. Es gab sowohl mit den Rädern als auch mit den Achsen Probleme, ein Zug entgleiste. Der gesamte Vorstand der S-Bahn Berlin trat zurück, die Bahn zahlte wegen der Zugausfälle Entschädigungen in Millionenhöhe an das Land und die Fahrgäste. Die Bahn hielt ihre Ankündigungen, ab wann die Züge wieder im Takt fahren sollen, mehrfach nicht ein.
Verkehrssenatorin Junge-Reyer kritisierte die "Unfähigkeit der S-Bahn, die selbst verursachte Krise zu bewältigen". Die "Wut der Fahrgäste ist berechtigt". Das Grundproblem sei, dass hier ein Konzern seine Monopolstellung nutze, um das Land unter Druck zu setzen. Man müsse die Bahnreform von 1994 grundsätzlich überdenken. Die Länder bräuchten mehr Einfluss auf das Netz, schließlich würden sie für den Nahverkehr bezahlen. "Wer das Netz hat, verfügt über die Macht", sagte Junge-Reyer.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) allerdings vertraut vorerst weiter auf die Bahn. Er habe "angemahnt, eine kundenfreundliche Lösung zu erarbeiten", teilte er am Donnerstag mit: "Der Bahn-Vorstand hat uns dargestellt und zugesagt, alles zu unternehmen, um das Problem schnellstmöglich zu lösen." Der Berliner Senat mag solchen Ankündigungen nicht mehr vertrauen. "Ich glaube nur noch das, was ich sehe", sagte die Verkehrssenatorin.
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