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Berliner Polizei bestreitet Prügel

■ Polizeibeamte haben den „stark erregten“ jugendlichen Asylbewerber angeblich nur „mehrfach zur Pritsche zurückgetragen“ / Rückenmarks–Hämatom möglicherweise als Folge von Schlägen entstanden

Aus Berlin Brigitte Fehrle

Die Berliner Polizei hat am späten Donnerstagabend die Vorwürfe, Beamte hätten einen jugendlichen Asylbewerber so schwer mißhandelt, daß er jetzt querschnittsgelähmt ist, zurückgewiesen. Zu keiner Zeit, so hieß es, hätten Polizeibeamte Gewalt angewandt. Der Jugendliche, der wegen eines Diebstahlverdachts festgenommen worden war, sei im Polizeige wahrsam „stark erregt gewesen“ und habe am Zellengitter gerüttelt. Deswegen hätten ihn die Beamten mehrfach zur Pritsche zurücktragen müssen. Einer der Beamten habe dem 18jährigen Ahmed mit einer Beruhigungstablette „helfen wollen“. Der Jugendliche - ein abgelehnter Asylbewerber - blieb während der polizeilichen Vernehmung bei seiner Darstellung. Er habe Schmerzen im Rücken ge habt und nach einem Arzt verlangt. Daraufhin hätten die Beamten ihn geschlagen und gegen die Wand geschleudert. Die Schmerzen seien daraufhin stärker geworden. Er habe dann die Beine nicht mehr bewegen können. Die Polizei bestreitet nicht, daß Ahmed mehrere Tage lang mit gelähmten Beinen zuerst im Polizeigewahrsam, später in der Abschiebehaft und dann im Haftkrankenhaus festgehalten wurde, bevor man ihn ins Universitätsklinikum brachte. Dort war er wegen eines Hämatoms, das sich im Rückenmark gebildet hatte, sofort operiert worden. Ob dieses Hämatom, das die Lähmung ausgelöst hat, sich von selbst oder aufgrund von Schlägen gebildet hat, ist noch unaufgeklärt. Medizinisch sind nach Aussagen des Leiters der Abteilung für Neurochirurgie des Klinikums beide Möglichkeiten denkbar. Auch mit der Frage, ob ihm hätte geholfen werden können, wenn er früher behandelt worden wäre, werden sich die Ermittlungen beschäftigen müssen. Der 18jährige Ahmed ist staatenloser Kurde, in Beirut geboren und lebt seit zwei Jahren allein in Berlin. Zuletzt wohnte er in einem Ausländerwohnheim. Sein Vormund, ein Mitarbeiter des Diakonischen Werkes, hat „keinen Zweifel, an den Aussagen Ahmeds“. Er habe ihm gegenüber auch berichtet, geschlagen worden zu sein. Außerdem habe Ahmed von „starkem Alkoholgeruch“ erzählt, den er an den Polizeibeamten bemerkt hatte. Der Vormund erwägt jetzt, sich gemeinsam mit Ahmeds Anwalt der Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt einer Mitarbeiterin der Kontakt– und Beratungsstelle für außereuropäische Flüchtliche anzuschließen.

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