Berliner Platten : Mit den Torpedo Boyz ist gut Wände wackeln
Wäre die Postmoderne nicht schon längst wieder vorbei, müsste man sie für die Torpedo Boyz und ihr Debütalbum „Headache Music“ ausdrücklich erfinden. Der in Berlin lebende Hamburger Ken Steen alias Space Kelly alias Kentastic hat sich für dieses Projekt zusammengetan mit dem Pariser DJ Rollin’ Hand, und das anscheinend unter der einzigen Vorgabe, dass auch die Wände wackeln mögen. Welche Wände das sind, ob die eines Rockschuppens, einer Provinzdiskothek oder eines Hauptstadtclubs, das scheint dabei vollkommen egal.
Fast scheint es, als wollte der HSV-Fan Steen vor allem ausbrechen aus dem strengen Sixties-Pop-Korsett, das er sich selbst mit Space Kelly gesetzt hat. Denn über stets knalligen Beats stellen er und sein französischer Partner souverän Poser-Rock und japanischen Wohlklang nach, und Glam-Rock geht ihnen bei diesem Stilpluralismus ebenso locker von der Hand wie psychedelischer Pop, abgehangener Funk oder Easy Listening.
Kollaborateure hat man sich in der ganzen großen, weiten Welt gesucht, in Japan, Brasilien und sogar Armenien. Auch ihren Fatboy Slim haben die beiden genauso ausgiebig studiert wie tschechische Märchenfilme. Könnte man Studentenulks vertonen, würden Sie wohl so klingen wie „Headache Music“ (deren Titel von genau eben diesem Humor zeugt).
Dazu benötigt das Produzentenduo entgegen den sonstigen Gepflogenheiten in der Branche allerdings keine Instrumental-Samples. Stattdessen werden für „Headache Music“ ausgiebig Vocals geklaut, oft allerdings keine Sangesstimmen, sondern Ausschnitte aus Interviews – so von Bobby Hebb, der dereinst mit „Sunny“ Unsterblichkeit erlangte. Vor allem aber groovt diese Platte. Und spart so das Mix-Tape für die nächste Party.THOMAS WINKLER