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„Berliner Landrecht“

■ Abgeordnete über Heckelmanns Weigerung zur Duldung serbischer Flüchtlinge empört / Grüne planen neuen Antrag

Bei den Berliner Abgeordneten macht sich Empörung breit: Denn Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) ignoriert eine Empfehlung der Parlamentsmehrheit. Nachdem Ende Juni ein Antrag auf Duldung von Kriegsflüchtlingen aus Restjugoslawien mit Mehrheit von SPD, FDP, PDS und Grünen verabschiedet worden war, hegt Heckelmann dagegen jetzt rechtliche Bedenken (die taz berichtete). Besonders ungehalten sind die ParlamentarierInnen, weil der Innensenator eine „Inselposition“ Berlins vertritt: denn alle übrigen Bundesländer dulden Flüchtlinge aus Restjugoslawien.

„Typisch Heckelmann“, meint der ausländerpolitische Grünen- Sprecher Ismail Koșan. Der Innensenator berufe sich auf die faktische Abschiebung der Flüchtlinge, die aber nicht nachzuweisen sei. „Heckelmann kann nicht abschieben. Ohne Duldung treibt er die Restjugoslawen in die Illegalität“, empört sich Koșan. Er hatte den Parlamentsantrag gestellt, nachdem es eine Anhörung zur Rechtmäßigkeit der Duldung gegeben hatte.

„Hochgradig pervers“ nennt die PDS-Sprecherin Marion Seelig Heckelmanns Einwände gegen die Duldung von Restjugoslawen. Sie hält seine Bedenken für eine „juristische Spitzfindigkeit: Warum ist die Duldung nur in Berlin nicht möglich?“ Die PDS will diese Frage mit einem eigenen Gutachten prüfen lassen.

„Wo sind Legislative und Exekutive? Ich erwarte, daß sich eine Verwaltung an einen Parlamentsbeschluß hält“, meint der FDP- Sprecher Thomas Seerig. Solange es keine einheitliche Rechtsprechung gebe, müsse eine Duldung möglich sein. Bislang entscheidet die 35. Kammer des Verwaltungsgerichts zugunsten der Restjugoslawen. Die 19. Kammer und das Oberverwaltungsgericht (OVG) lehnen Duldungen ab.

„Das ist das Berliner Landrecht“, sagt der SPD-Sprecher Eckhardt Barthel. In anderen Bundesländern gebe es solche Urteile nicht. „Es kann nicht so bleiben, aber am OVG kommen wir nicht vorbei.“ Wenn Heckelmanns Auffassung richtig sei, müsse ein neuer Weg gefunden werden.

„Ich lasse nicht locker“, verspricht Koșan. Er will bei der nächsten Parlamentssitzung im September einen Antrag stellen, um Druck auf den Innensenator auszuüben. Heckelmann soll darin zur Umsetzung der Duldung aufgefordert werden. „Dann kommt es darauf an, ob die SPD wankelmütig wird oder dem Antrag zustimmt.“ Silke Fokken

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