Berliner CSD soll politischer werden: Vereint in Liebe, Stolz und Protest
„United in LOVE! Gegen Hass, Krieg und Diskriminierung“ ist das Motto des diesjährigen Berliner CSD. Eine halbe Million Menschen werden erwartet.
Unter dem Motto „United in LOVE! Gegen Hass, Krieg und Diskriminierung“ erwarten die Veranstalter 500.000 Menschen, die durch die Innenstadt von Berlin laufen. Ab 11.30 Uhr soll die Demonstration von der Leipziger Straße aus Richtung Westen in den Regenbogenkiez um den Nollendorfplatz in Schöneberg führen. Von dort geht es nordwärts vorbei an der Siegessäule, über die Straße des 17. Juni bis zur Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor.
Der Umzug markiert auch das Ende des ersten „Pride Month Berlin“, in dessen Rahmen bereits seit Anfang Juli täglich diverse Workshops, Talks und Partys stattfinden. Der Fokus der Angebote liegt dabei auf den Themen Religion und Spiritualität, FLINTA* und lesbische Sichtbarkeit, Trans* und PoC, aber auch auf mentaler Gesundheit und Inklusion.
So wird unter anderem am Vorabend des CSD der traditionelle Dyke* March stattfinden, der die Präsenz von Lesben innerhalb der LGBTIQ*-Community feiert. Außerdem wollen die Veranstalter:innen auf die angespannte Lage der Pride-Paraden weltweit hinweisen. In Istanbul waren beispielsweise vorigen Monat bei einer Demonstration in Erinnerung an die Stonewall-Proteste über 200 Menschen festgenommen worden. Die Aufmerksamkeit soll auch auf die Situation der Community in Osteuropa gelenkt werden, wo im September in Belgrad der Euro-Pride stattfindet.
Politische Dimension
Neben dem Unterhaltungsprogramm soll also die politische Dimension des CSD betont werden. Der Verein hat über sechs Monate in einem offenen Prozess einen Forderungskatalog erstellt, der sich direkt an Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft richtet. Angefangen bei der Erweiterung von Artikel 3 des Grundgesetzes, versprach der Vorstand nicht locker zu lassen, bis diese erfüllt seien.
Die Forderung nach einer konsequenten gesundheitlichen Aufklärung im Bereich HIV/Aids wurde auch im Hinblick auf die Verbreitung der MPX-Viren, die die Affenpocken verursachen, formuliert. Die Community werde stigmatisiert, stellte CSD-Vorstandsmitglied Ulli Pridat klar. Gerade vor dem Hintergrund der historischen Stigmatisierung in der HIV/Aids-Pandemie sei dies problematisch.
In Berlin-Mitte hatten am Mittwoch fast zeitgleich mit der CSD-Pressekonferenz die ersten Impfungen gegen Affenpocken stattgefunden. Der Impfstart in Berlin kam im Vergleich zu anderen Bundesländern mit einiger Verzögerung, obwohl die meisten Fälle derzeit in der Hauptstadt registriert werden. Über die Hotline 030-901 84 10 00 können jetzt Termine ausgemacht werden. Auch der CSD e. V. werde in einer Social-Media-Kampagne über das Virus informieren, kündete Vorstandsmitglied Patrick Ehrhardt an.
Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Bedrohungen und Diskriminierungen erscheint die Demonstration zum CSD in diesem Jahr besonders wichtig. Die Community wird in anderthalb Wochen bei hoffentlich gutem Wetter dafür sorgen, dass ihre Forderungen gehört werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen