Berliner Adventskalender: Eberswalder Straße 21

Kaltes Licht fällt auf die Tischtennisplatte in der spärlich möblierten Tischtennisbar - wie auf einen Operationstisch.

Bild: Benjamin von Brackel

Jedes Haus hat eine Nummer. Doch was dahintersteckt, wissen nur wenige. Zum Glück gibt es Adventskalender: Da darf man jeden Tag eine nummerierte Tür öffnen - und sich überraschen lassen.

Schwarze Folie verdeckt den Blick nach innen, nur eine metergroße Fotografie in Schwarzweiß ist an der Glasscheibe zu sehen: Zwei junge Frauen warten vor einer Tischtennisplatte auf den Rückpass. Darüber steht in blauen Schriftzeichen "Dr Po" - ein paar Buchstaben fehlen. Einen Schritt in das Haus in Prenzlauer Berg hinein, und man steht in einem kahlen Raum mit ungestrichenen Wänden. Von der Decke hängen vier Kabel hinunter, doch die Glühbirnen fehlen. Stattdessen leuchtet eine Neonröhre kaltes weißes Licht hinunter auf die Tischtennisplatte, wie auf einen Operationstisch.

Ein Samstagabend bei Dr. Pong: Tischtennistreff, Kneipe, Musikbar. "Die Idee ist so einfach, dass man sich ärgert, nicht selbst draufgekommen zu sein!", ruft später einer der Gäste. Bei Dr. Pong wird Rundlauf gespielt und dazwischen (oder währenddessen) Bier getrunken und Musik gehört. Für 5 Euro kann man sich einen der Schläger ausleihen, die aussehen, als hätten Mäuse sie angefressen.

Der Raum füllt sich: Beim ersten Becks um 21 Uhr waren es noch zehn, beim zweiten Becks sind es schon zwanzig Leute. Die 20- bis 30-Jährigen hier sind vor allem Männer; den wenigen Frauen werden eher sanfte Bälle serviert - wenn aber doch mal einer den Ball schmettert, erntet er gleich allseits Protestrufe.

Vor vier Jahren hat der Amerikaner Oliver Miller aus New Mexiko die Tischtennisbar eröffnet. Die Idee dazu kam ihm während seines Architekturstudiums in den USA: Für seine Diplomarbeit musste der 35-Jährige ein Konzept für ein Erholungszentrum entwickeln. Er wollte Aktivitäten vermischen, wie Party und Sport. In Berlin sah er den idealen Ort dafür, mietete einen Raum und gründete Dr. Pong. Allerdings blieben zunächst die Gäste aus. "Ich musste einfach durchhalten und das zu Ende bringen", sagt Miller. Mittlerweile ist Dr. Pong eine feste Adresse bei den Berlinern geworden und am Wochenende immer gut gefüllt.

Das dritte Becks wird bestellt, und über 30 Leute drängeln sich um die Platte. Ein paar halten in der einen Hand den Schläger, in der anderen ein Bier. Irgendwann reißt jemand eine Flasche um, die am Boden in Scherben zerspringt - obligatorisch für einen Abend bei Dr. Pong. Kurz aufgewischt, geht es gleich weiter.

Überhaupt steht hier nicht die Ausstattung im Mittelpunkt: "Die Subjekte sind im Vordergrund", sagt Miller. Der einzige Anker in der Bar sei die Tischtennisplatte, alles andere variiere. So auch die Musik: An diesem Abend spielt der DJ französische 60er-Jahre-Musik, um später zu französischem Hiphop und Indierock zu wechseln. Auf den beiden Sofas im Nebenraum fläzen sich ein paar müde Gäste.

Ziemlich munter dagegen gibt sich eine gute Handvoll Ehrgeizige, aus deren Kreis meist das Finale ausgetragen wird. Eine Bärtiger im bordeauxroten Pulli hält in jeder Hand einen Schläger, wedelt damit eifrig herum und ärgert sich, als er doch vorzeitig rausfliegt. Das Gros der Leute nimmt das Spiel aber mit Spaß. Trotzdem wird sich jede Runde aufs Neue in die lange Schlange eingereiht - man könnte ja doch ins Finale kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.