Berlinale: Treppenwitze
Kinogänger gehen nicht nur ins Stella-Musical-Theater, sie stolpern geradezu. Und das nicht nur einmal, sondern mehrmals täglich, wie Berlinale-Chef Moritz de Hadeln zugeben muss. „Wir fanden die Stufen schon bei der ersten Begutachtung bedenklich.“
Die Stufen also. Sie sind vier Zentimeter hoch, sechsundneunzig Zentimeter breit und wahre Stolperfallen fürs Berlinale-Geschehen. Unzählige Stürze vermelden bereits die Boulevardzeitungen und drucken hübsche Fotos von Schwester Toni, die das alles wieder auszubügeln hat. Der Potsdamer Platz, ein gefährlicher Ort?
Da haben wir’s mal wieder. Plötzlich spricht der Berliner über Treppen und deren Tücken, bloß weil Berlinale ist und ein paar Filmsternchen zu blöd sind, ihre Pfennigabsätze vier Zentimeter hoch zu bewegen. Dabei würden sie, schauten sie sich nicht nur am Potsdamer Platz um, noch ganz andere Stolperfallen entdecken: Luftwurzeln unter Ostberliner Gehwegen zum Beispiel oder Schlaglöcher im Regierungsviertel. Nichts geht glatt in dieser Stadt.
Apropos. Neulich fuhr ein Bekannter ein paar Bonner, wie er sagte, in seinem Taxi zum Potsdamer Platz. Er erzählte ihnen von Wim Wenders und Curt Bois auf der Suche nach dem Potsdamer Platz. Ziemlich kalt in der Stadt, meinten die Bonner, mein Bekannter nickte. Kontinentalklima, sagte er, Berlin ist, zumindest klimatisch, näher an Moskau dran als an Paris. Als er das sagte, fuhren sie grade auf der Karl-Liebknecht-Straße. Die Bonner, die ja nun Berliner sind, schauten auf den eingerüsteten Palast der Republik, an dem weiße Rauchwolken aufstiegen, der kalte Atem des Ostens. Ist es noch weit zum Potsdamer Platz, fragten sie.
Und was erwartet sie da? Treppen, vier Zentimeter hoch, und gleich nebenan ein Teich, in den man auch noch im nächsten Jahr fallen kann.
Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen