Berichte über rechtsradikale Aktivitäten: Vorwürfe gegen Ex-"Pirate Bay"-Helfer

Carl Lundström ist Erbe des Knäckebrot-Konzerns "Wasa", Angeklagter im "Pirate Bay"-Prozess und hat laut Medienberichten eine rechtsradikale Vergangenheit - und heute?

Seinen Reichtum hat Carl Lundström Knäckebroten zu verdanken. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Auf der Anklagebank fiel der Endvierziger neben den drei salopp gekleideten „Pirate Bay“-Machern nicht nur wegen seiner feinen Anzüge, sondern auch wegen seines Alters etwas aus dem Rahmen. Und nicht nur im Prozess selbst, sondern auch in den Verhandlungspausen hielten beide Parteien deutlich Abstand voneinander. Wer ist Carl Lundström, der vierte Angeklagte im „Pirate Bay“-Prozess? Glaubt man musikwoche.de, dem Businessportal der Musikbranche, ist ein „schwedischer Faschist“, der „Hintermann von Pirate Bay“.

Carl Lundström ist Multimillionär und ein Erbe des Knäckebrot-Konzerns „Wasa“. Umgerechnet 10 Millionen Euro waren sein Anteil, als die Familie Lundström „Wasabröd“ Anfang der achtziger Jahre an ein schweizer Unternehmen verkaufte. Am 7. November 1986 gab der 26-jährige sein öffentliches Debüt als Rechtsradikaler. In Stockholm mischte er bei einer Schlägerei zwischen Skinheads und Chilenen mit und wurde wegen Körperverletzung und Störung der öffentlichen Ordnung zu einer Geldstrafe und Haft auf Bewährung verurteilt. Als „Knäckebrödskalle“, der Umgang mit Rassisten und Neonazis pflegte und als Finanzier mehrerer rechtsextremer Parteien und Gruppen tauchte er in den Folgejahren regelmässig in den Medien auf.

Laut der Zeitschrift „Expo“ war er auch selbst Mitglied der Gruppe „Bewahrt Schweden schwedisch“ („Bevara Sverige svensk“), die Ende der achtziger Jahre die führende Organisation der schwedischen Skinheads war. 1990 war Lundström Mitfinanzier der fremdenfeindlichen „Fortschrittspartei“, 1991 Chefredakteur deren Parteizeitung und er stand auch auf den Wahlzetteln dieser Partei. Danach tauchte er bei der Gruppe „Volkswille gegen Masseneinwanderung“ auf und schenkte Gelder an die rechtsradikalen „Nationaldemokraten“.

Mit solcher Politik habe er seit 15 Jahren nichts mehr am Hut, versichert Lundström jetzt. „Schliesslich bin ich mit einer Jüdin verheiratet“, zitiert ihn die Zeitschrift „Filter“. Laut gleicher Quelle soll Lundström aber bis in die jüngere Vergangenheit auf dem Internet-Podradiosender „Schwedens Freies Radio“ („Sveriges Fria Radio“) mit fremdenfeindlichen Botschaften zu hören gewesen sein. 2006 trat er der schwedischen „Piratenpartei“ bei, zog sich aber wieder zurück, als Mitglieder gegen ihn protestierten.

Was hat Lundström mit „Pirate Bay“ zu tun? Nach eigener Aussage und der der „Pirate Bay“-Macher seit drei Jahren gar nichts mehr. In der Gründungsphase, als diese Filesharing-Seite gerade eben mal aus einem Rechner bestand, spielte er aber eine wichtige Rolle. 1997 war Lundström mit der Gründung von „Rix Telekom“ in die Telekombranche eingestiegen. Machte hohe Gewinne und baute einen Internet-Service-Provider auf, der Breitbanddienste und Serverkapazität verkaufte. Auf der Suche nach neuen Geschäftsideen traf er 2004 auf dem jährlichen schwedischen Computerspiel-Lan „Dreamhack“ den Pirate-Bay-Gründer – und jetzigen Mitangeklagten - Fredrik Neij. Der bekam in Lundströms Firma einen Job und mit Hilfe der Kapazität der „Rix Telekom“-Server wuchs „Pirate Bay“ schnell zum weltweit grössten BitTorrent-Tracker. Nach einer Polizeirazzia im Mai 2006 und der Befürchtung, sich da möglicherweise mit nicht ganz legalen Aktivitäten eingelassen zu haben, erkaltete das Interesse Lundströms an „Pirate Bay“. Mittlerweile befinden sich die „Pirate Bay“-Server auch nicht mehr in Schweden.

Aktuell noch eine „Lundström-Connection“ zu behaupten, sei ein Versuch der Musikbranche „Pirate Bay“ zu diskreditieren, sagt deren Pressesprecher Peter Sunde. Und so sei auch der Schritt der Staatsanwaltschaft zu verstehen, diese kontroverse Person mit auf die Anklagebank zu setzen. Die polizeilichen Verhöre zeigen, dass Lundström gelockt worden war, nicht angeklagt zu werden, wenn er gegen „Pirate Bay“ aussagen würde. Das Ansinnen wies er zurück: „Ich will nicht bei diesen Ermittlungen helfen“, gab er zu Protokoll: „Ich will nicht dazu beitragen, dass „Pirate Bay“ gestoppt wird.“

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