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BerhindertenbetreuungAufatmen bei Einzelfallhelfern

Sozialsenatorin Bluhm (Linkspartei) will Verordnung kippen, die Arbeitsbedingungen von Behindertenbetreuern verschlechtert hätte.

Der Protest von Einzelfallhelfern gegen schlechtere Arbeitsbedingungen hat Erfolg. Die neue Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linkspartei) will eine von ihrer Amtsvorgängerin erlassene Verordnung zurücknehmen. "Darauf wird es hinauslaufen. Es kommt alles noch mal auf den Prüfstand", sagte ihre Sprecherin Anja Wollny der taz. Diese Überarbeitung werde aber frühestens zum Jahresende abgeschlossen sein.

Derzeit betreuen etwa 2.000 Einzelfallhelfer rund 20.000 Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Bluhms Vorgängerin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) hatte die unter anderem von Grünen und CDU kritisierte Verordnung erst im August erlassen. Die neuen Regeln, die ab 1. Januar gelten sollten, hätten nach Darstellung der Betroffenen die Arbeitsbedingungen "in einem unerträglichen Maß mit massiven negativen Folgen für die behinderten Menschen" verschlechtert. Sie sahen unter anderem vor, dass die freiberuflich tätigen Helfer pro Woche höchstens 18 Stunden im Auftrag der Bezirke tätig sein dürfen, um Scheinselbstständigkeit einzudämmen.

Damit aber verlören Hunderte ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage, heißt es bei den Betroffenen. Zudem verliere "eine große Anzahl psychisch kranker und behinderter Menschen ihre professionellen und vertrauten Helferinnen und Helfer". In einem offenen Brief, der am Dienstag auch in der taz erschienen war, hatten sie Bluhm aufgefordert, die Neuregelung zurückzunehmen. Die Einzelfallhelfer sehen auch ihre Löhne unter Mindestlohnniveau sinken, falls die Verordnung Realität würde. Bei ihrer Kritik an schlechter Bezahlung können sie sich auf eine Studie der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin stützen. Darin heißt es, die Vergütung sei "aus fachwissenschaftlicher Sicht unangemessen niedrig".

Außer den Betroffenen und Trägerverbänden hatten auch die Fraktionen von CDU und Grünen gegen die neuen Regeln protestiert. Beide haben im Abgeordnetenhaus Anträge eingereicht, die Verordnung zurückzuziehen. Noch im September hatte der CDU-Abgeordnete Gregor Hoffman von der Sozialverwaltung dazu als Antwort bekommen, der Senat habe keine Veranlassung zu einer Rücknahme.

Jasenka Villbrandt, die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, begrüßte zwar Bluhms Ankündigung, ihr geht die Kehrtwende aber nicht weit genug: "Es gibt bislang keine fachlichen Standards."

STEFAN ALBERTI

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