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Benjamin Netanjahu läßt die Bulldozer rollen

■ Israels Regierungschef gibt den Befehl zum Baubeginn für die Siedlung Har Homa. Palästinensische und israelische Demonstranten werden abgedrängt

Jerusalem (AP/dpa/taz) – Um 14.45 Uhr Ortszeit kamen die Bulldozer: Gestern nachmittag gab Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu endgültig den Befehl zum Baubeginn für die jüdische Siedlung Har Homa im arabischen Ost-Jerusalem. Unter dem Schutz von Hunderten von israelischen Polizisten und Soldaten rollten daraufhin vier große Planierraupen auf das Arreal. Ingenieure begannen mit Vermessungsarbeiten. Palästinensische und israelische Demonstranten wurden zurückgedrängt.

Netanjahu gab den endgültigen Baubefehl nach Beratungen mit seinen wichtigsten Ministern und Sicherheitsfachleuten. Das von Arabern Dschabal Abu Ghnaim genannte Gebiet wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt und von Scharfschützen der Armee abgeriegelt. Militärhubschrauber flogen über dem Gebiet. Das Kommando hat der stellvertretende Generalstabschef. In ganz Jerusalem und in weiten Teilen Israels wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

„Israel verschärft die Lage“, erklärte Faisal Husseini, der Jerusalem-Beauftragte der palästinensischen Autonomiebehörde, auf dem Baugebiet. Die Palästinenser fühlten sich gezwungen, den Siedlungsplänen Widerstand entgegenzusetzen. „Dies ist eine Provokation, eine unverantwortliche und illegale Aktion“, sagte die palästinensische Bildungsministerin Hanan Aschrawi. Sie hoffe, daß es nicht zu Gewalt komme. Sollte dies jedoch der Fall sein, trage allein Israel die Verantwortung dafür. Israelische Demonstranten, die sich den Palästinensern angeschlossen hatten, zeigten ein Transparent, auf dem sie sich für einen eigenständigen palästinensischen Staat aussprachen.

Noch am Morgen hatte ein israelischer Regierungsvertreter angekündigt, es werde allenfalls einen „symbolischen“ Baubeginn geben. Bis zur Vollendung der 6.500 geplanten Wohnungen werde es Jahre dauern. Ein für die Nacht erwartetes Gipfeltreffen von Netanjahu und Arafat kam nicht zustande. Von der Autonomiebehörde hieß es, ein Treffen sei zwecklos. Eine Teilnahme Arafats an einem solchen Treffen käme einer Einverständniserklärung für den Bau gleich.

Nach Angaben des israelischen Kabinettssekretärs Danni Naveh hatte die israelische Regierung versucht, den palästinensischen Widerstand gegen das Projekt durch ein „Paket“ zu besänftigen. Israel hatte danach eine 50-Millionen-Dollar-Renovierungsaktion für arabische Häuser und Straßen in Ost-Jerusalem, Entgegenkommen in den Fragen des Gaza-Flughafens und des Gaza-Hafens sowie bei der seit langem verzögerten Einrichtung der sogenannten sicheren Passage zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland angeboten.

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