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Beispiel Deutschland

Ungarn muß nun auch die Grenzen abschotten  ■ Aus Budapest Keno Verseck

Wie Ungarn sich gegenüber Kriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien verhält, wird nicht unbedingt in Ungarn bestimmt. Das mag eine Erklärung sein, warum die Magyaren, die auf diesem Gebiet noch vor kurzem eine relativ vorbildhafte Politik praktizierten, nun immer weniger Aufnahmebereitschaft zeigen.

Jozsef Borsi, Stellvertretender Leiter der ungarischen Flüchtlings- und Migrationsbehörde (MMH), weist unter anderem auf Deutschland und Österreich hin, die sich rigoros abschotten würden. Österreich habe gar letztes Jahr ohne irgendeine Mitteilung an die Behörden seines Landes die Grenzen von einem Tag auf den anderen geschlossen. Die Konsequenz für die ungarische Politik: „Die Gefahr, die uns bislang aus dem Osten drohte, können wir nun nicht einfach aus dem Westen auf uns zukommen lassen.“

Etwa 67.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien fanden seit Sommer 1991 in Ungarn vorübergehendes Asyl. Zur Zeit, so eine Schätzung der MMH, halten sich 35.000 bis 40.000 in dem Zehn- Millionen-Land auf, zumeist mit einem Touristenvisum oder illegal. Nur noch rund 8.000 von ihnen sind „offizielle“ Flüchtlinge, die staatliche Unterstützung erhalten. Etwas mehr als ein Drittel jener 8.000 Flüchtlinge sind bosnische Muslime, die anderen fast ausschließlich Angehörige der ungarischen Minderheit aus Kroatien oder der serbischen Wojwodina.

Auch die meisten serbischen oder kroatischen Ungarn haben ihre Heimat nicht freiwillig verlassen, doch bieten sich ihnen, einmal in Ungarn angekommen, im Vergleich zu allen anderen Kriegsflüchtlingen gute Perspektiven. Sie sind mit wenigen Ausnahmen bei Familien in Südungarn untergebracht, wo die Bevölkerung große Hilfsbereitschaft gezeigt hat. Auf bevorzugte Behandlung können sie auch zählen, falls sie eine reguläre Aufenthaltsgenehmigung mit Arbeitserlaubnis oder die Übersiedlung beantragen.

Mit weitaus schlechteren Bedingungen sehen sich dagegen die bosnischen Muslime konfrontiert, deren größter Teil Ungarn als Transitland betreten hat. Sie sind fast ausschließlich in Lagern im Süden des Landes untergebracht. Da sich unter diesen Bedingungen, vor allem aufgrund fehlender Beschäftigung, verstärkt Konflikte unter den Lagerbewohnern oder mit der ungarischen Bevölkerung anbahnen könnten, so die Mutmaßung der MMH, will die Behörde in Zukunft vermehrt Arbeitsmöglichkeiten, Ausbildung in der Muttersprache und kulturelle Programme anbieten.

Behindert werden die Erfolgsaussichten solcher Vorhaben jedoch nicht nur durch die knappen Finanzen der MMH. Es müsse auch ganz klar sein, so Jozsef Borsi, daß die Beschäftigungsmöglichkeiten für die bosnischen Flüchtlinge nicht die Interessen der ungarischen Arbeitnehmer bedrohten.

Letztlich ist Ungarn allerdings daran interessiert, daß die geflüchteten bosnischen Muslime so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren. Mit Abschiebung muß, wer bereits im Land ist, noch nicht rechnen. Doch wer erst jetzt über die Grenze flieht, wird meist zurückgeschickt. „Ungarn hat seit 1989 mehr als 100.000 Menschen Asyl gewährt“, so die Begründung Borsis. „Diese Lasten sind wegen unserer wirtschaftlichen Probleme und der Arbeitslosigkeit nicht mehr tragbar. Wir vertrauen darauf, daß der Krieg bald zu Ende ist und wir die Flüchtlinge nur zeitweilig aufnehmen müssen.“

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