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Beiräte haben kein Recht auf Akteneinsicht

■ Prozeß um Deutsches Haus: Beirat Mitte verliert vor dem Verwaltungsgericht

Bremens Beiräte haben kein Recht, Akten von der Stadtgemeinde anzufordern: Die Weigerung des Finanzressorts, dem Beirat Mitte die gewünschten Akten über die Verkaufsverhandlungen über das Deutsche Haus am Marktplatz vorzulegen, war rechtmäßig. Eine Klage des Beirats, der diese Praxis verurteilt sehen wollte, wies das Bremer Verwaltungsgericht gestern kostenpflichtig ab. Eine Begründung wird erst in den nächsten Wochen erwartet. In einer ersten Reaktion waren die Kläger schwer enttäuscht. „Nicht nachvollziehbar“, meinte ihr Anwalt Waldemar Klischieß und rät dem Beirat, in die Berufung zu gehen.

Der Streit datiert aus dem Jahr 1991. Damals suchte die Stadt einen Käufer für das sanierungsbedürftige Deutsche Haus. Zu dem Vorschlag mußte laut § 30 des Gesetzes über die Beiräte die Behörde eine Stellungnahme des Beirats einholen. Die vom Beirat für dieses Votum angemahnte Akteneinsicht verweigerte die Behörde jedoch.

Normalerweise gibt die Behörde die Akten an das Ortsamt ab, dort hat der Beirat nach § 5 des Gesetzes Akteneinsicht und entscheidet danach. Im Fall „Deutsches Haus“ allerdings rückte die Finanzbehörde laut Aussagen des Beirats nur zwei Seiten Akten heraus und hielt den Rest der Akte unter Verschluß. Nach langem Hin und Her beschloß der Beirat damals, kein Votum abzugeben, bis ihm nicht Akteneinsicht gewährt werde. Gleichzeitig wollte man die Behörde per Verwaltungsgericht verpflichten lassen, die Einsichtsrechte des Beirats anzuerkennen.

Das ist nun gescheitert. „Diese Verpflichtung ist nicht im Gesetz geregelt“, meinte der Anwalt der Stadtgemeinde vor Gericht. Es sei Sache der Behörde, welche Akten an das Ortsamt gegeben würden. „Und wenn da keine Akte ist, dann ist da eben keine Akte.“ Die Beiräte würden zwar um ein Votum gefragt, seien aber keine „Kontrollgremien“, die Akteneinsicht verlangen könnten. „Wir sind der Meinung, wir haben die zu einem Votum nötigen Akten abgegeben.“

„Wenn wir das Recht auf Akteneinsicht nicht bekommen, dann sind die Beiräte für die Katz“, meinte dagegen Beiratssprecher Werner Steinberg. Die Kläger berufen sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1990, nach dem das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen mit der Begründung abgelehnt wurde, auch von den Beiräten gehe „staatliche Gewalt“ aus. Wenn man das ernst nehme, könne man dem Beirat nicht eine wichtige Entscheidungsgrundlage vorenthalten.

Im normalen Gang des Verfahrens gebe es bei der Akteneinsicht des Beirates überhaupt keine Schwierigkeiten, meinten die Kläger. Im Fall des Deutschen Hauses vermuten sie aber einen brisanten Inhalt der Akten: So sei der Verdacht nicht aus dem Weg geräumt, die Bremer Landesbank habe der Stadtgemeinde das marode Haus abkaufen wollen, um im Gegenzug die eigentlich nicht vorgesehene Baugenehmigung für ein Mega-Bauprojekt in der Innenstadt zu erhalten, erklärte der ehemalige Ortsamtsleiter Hucky Heck am Rande des Prozesses.

bpo

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