Bei den Gesprächen um Vertrag zwischen Bremen und seinen Muslimen knirscht es: Bremer Muslime warten noch
Anders als in Hamburg sind Muslime und Landesregierung an der Weser noch beim Verhandeln.
BREMEN taz | „Wir wollen einfach nicht mehr auf einer Stufe mit Turn- und Schützenvereinen stehen, sondern als Religionsgemeinschaft anerkannt sein.“ So kommentierte gestern Emine Oguz den Hamburger Vertrag zwischen muslimischen Verbänden und der Landesregierung. Oguz ist Sprecherin des Ditib-Landesverbands für Bremen und Niedersachsen, einem Zusammenschluss von 77 muslimischen Vereinen, der dem türkischen Ministerpräsidenten untersteht. Ditib ist sowohl in Hamburg als auch in Bremen einer von drei Verbänden, die mit der jeweiligen Landesregierung einen Vertrag ausgehandelt haben.
Bremen ist allerdings noch nicht so weit wie Hamburg. Vor genau drei Jahren – also zwei Jahre später – begannen dort die Gespräche über etwas, das der Bremer SPD-Vorsitzende Andreas Bovenschulte lieber „verbindliche Vereinbarungen“ nennen will – und nicht „Staatsvertrag“, wie es Oguz und ihre Kollegen von den anderen beiden großen Islam-Verbänden in Bremen bevorzugen. „Wir wissen noch nicht, wie wir es nennen wollen“, sagte Oguz gestern.
Dafür gebe es aber bereits einen Textentwurf, über den zu „95 Prozent“ Einigkeit bestehe, wie es der Sprecher des Bremer Senats, Hermann Kleen, formuliert. Welche Inhalte in dem Papier geregelt werden – darüber wollen beide Seiten noch nicht sprechen. Erst müssten sich die beteiligten Senatsressorts sowie die Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft äußern, so Kleen.
Einige der im Hamburger Vertrag angeführten Punkte wurden in Bremen bereits abgehakt: So hatte die Bürgerschaft in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause ein Landesmediengesetz verabschiedet, das die Entsendung eines muslimischen Verbandsvertreters in den Rundfunkrat vorschreibt.
So detailliert wie der Hamburger Vertrag werde sein Bremer Pendant nicht sein, sagte der Senatssprecher. Das gelte etwa für den Absatz, in dem sich die Muslime zum Grundgesetz bekennen. In Hamburg heißt es, die Vertragsparteien seien „sich einig in der Ächtung von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Glauben oder religiöser oder politischer Anschauungen und werden gemeinsam dagegen eintreten“. In Bremen soll dies etwas allgemeiner formuliert werden.
Er finde ein solches Bekenntnis zu den Grundwerten und zum Grundgesetz so selbstverständlich, dass man es eigentlich nicht extra erwähnen müsste, sagte gestern Khalid Preukschas vom Vorstand der Bremer Schura, dem Dachverband von 19 muslimischen Vereinen. „Von der katholischen Kirche verlangt auch niemand, dass sie sich zur Gleichberechtigung von Frauen bekennen.“
Er könne aber damit leben und hoffe, dass so denjenigen der Wind aus den Segeln genommen wird, die einen Vertrag ablehnen. In der Bremischen Bürgerschaft sitzen diese vor allem in der Fraktion der CDU.
Aber auch die Grünen und noch stärker die SPD tun sich schwer damit, nicht nur warme Worte zu formulieren, sondern Taten folgen zu lassen. So scheiterten die Grünen an der SPD mit ihrem Versuch, den Bremischen Religionsunterricht von seiner Verwurzelung in die „Biblische Geschichte“, wie es in der Landesverfassung heißt, zu lösen. Und: Die rot-grüne Koalition lässt auch den Paragrafen im Schulgesetz unangetastet, in dem Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs untersagt wird.
Noch ganz weit entfernt ist Niedersachsen von einer Vertragsunterzeichnung, sagte gestern Emine Oguz von Ditib. „Das kann noch dauern.“
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