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Beckham bleibt US-Soccer fernSuperstar schwänzt Schattendasein

Donnerstag beginnt die neue Saison der US-Fußball-Profiliga MLS - ohne David Beckham, aber dafür mit vielen Problemen.

Keine Lust mehr auf Soccer? David Beckham sucht in Mailand die große Showbühne. Bild: reuters

Das Frühjahr ist Saure-Gurken-Zeit im US-Sport: Die Play-offs im Basketball und Eishockey haben noch nicht begonnen, die Baseball-Teams sind im Trainingslager und Football ist lange vorbei. Sportseiten und TV-Sendeplätze müssen aber dennoch gefüllt werden, und so interessiert man sich für College-Basketball und am Rande sogar für: Fußball.

Allerdings ist die Art der Aufmerksamkeit für die Profiliga Major League Soccer (MLS), die Donnerstag mit dem Spiel Seattle gegen New York beginnt, in diesem Jahr überhaupt nicht nach dem Geschmack der Liga-Oberen. Denn geredet wird nicht darüber, wer mitspielt, sondern nur davon, wer nicht mitspielt. Obwohl es ihm im letzten Moment doch noch gelungen ist, zumindest die erste Saisonhälfte bei Los Angeles Galaxy zu schwänzen, und er den Frühling in Mailand genießen kann, wird hier nur über einen gesprochen: David Beckham.

Die Tatsache ist freilich symptomatisch für das Problem, das die Liga sich mit dem Superstar geschaffen hat. Beckham wurde nach Los Angeles geholt, um Aufmerksamkeit auf den Club und auf die ganze Sportart zu ziehen, die in den Staaten noch immer ein Schattendasein fristet. Beckhams Anwesenheit in Los Angeles hat die Aufmerksamkeit jedoch leider nur auf eines gelenkt: auf Beckham. MLS-Fans sind dabei nur die wenigsten geworden. Los Angeles Galaxy verkaufte, als "Becks" hier spielte, zwar deutlich mehr Karten als jeder andere Club. Die durchschnittliche Zuschauerzahl aber ist in den vergangenen drei Jahren deutlich gesunken. Und die Einschaltquoten für die Übertragungen des Sportkanals ESPN2 bleiben gleichbleibend unterirdisch - selbst bei Galaxy-Spielen.

Insofern fragen sich zumindest die wahren Fußballfreunde hier mittlerweile, ob Beckham nicht lieber endgültig fortbleiben soll. Zumal er ja durch seine Manöver klar demonstriert hat, was er wirklich vom amerikanischen Fußball hält. "Die Botschaft ist, dass der Fußball hier zweitklassig ist", sagt Andrei Markovits, Autor eines Buches über das Verhältnis der Amerikaner zur Weltsportart Nummer eins. Das weiß zwar jeder, der etwas von Fußball versteht, selbst hier, aber es so deutlich gesagt zu bekommen wie von Beckham gefällt trotzdem niemandem.

Beckhams Gastspiel in den USA beweist erneut, was die MLS eigentlich bei ihrer Gründung 1996 schon wusste - dass es dem US-Fußball nicht hilft, mit teuren internationalen Stars Massen in die Stadien zu locken. Das war schließlich die Politik gewesen, an der der erste Versuch, eine Profiliga zu etablieren, in den 80er-Jahren scheiterte. Trotzdem war man bei Beckham wieder, wie zu Zeiten Beckenbauers und Pelés, schwach geworden.

Dabei hat die MLS eigentlich in ihrem bescheidenen Rahmen auch ohne Promiwirbel genügend Erfreuliches zu berichten. So zum Beispiel der schon vor dem allerersten Spiel überaus erfolgreiche Launch einer neuen MLS-Mannschaft in Seattle. Der Sounders FC hat jetzt schon mehr als 20.000 Saisonkarten verkauft - und das, obwohl kein Mensch weiß, ob das Team von Coach Sigi Schmid und Heimkehrer Kasey Keller überhaupt ordentlich kicken kann. In Seattle zum jetzigen Zeitpunkt eine Fußballmannschaft aufzuziehen war offenbar perfektes Timing: Gerade war die Basketballmannschaft der Stadt nach Oklahoma abgewandert, und die Bevölkerung von Seattle ist überdurchschnittlich jung, gebildet und weltoffen - genau die richtige Zielgruppe für einen abseitigen europäischen Sport also.

Als MLS-Favoriten gelten derweil Titelverteidiger Columbus Crew und Real Salt Lake - solide, geschlossene Mannschaften ohne Superstars, dafür aber mit der starken Unterstützung einer mittelgroßen Stadt. Die Leute kommen dort ins Stadion, weil sie Fußball mögen und sie ihr Team gewinnen sehen wollen. In Los Angeles hingegen muss es eine Attraktion wie Beckham sein. Dessen Lückenbüßer, Bayern-Rückkehrer Landon Donovan, wird es schwer haben, die Ränge zu füllen. Wer braucht schon einen Landon Donovan, wenn er Kobe Bryant vor der Haustür hat

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