piwik no script img

Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Eigentlich hatte Noa Eshkol nie geplant, ihre Wandteppiche auszustellen. Zum Glück kam es anders, nachdem die Künstlerin Sharon Lockhart diese entdeckt hatte. Während des Jom-Kippur-Krieges hatte die Choreografin und Tänzerin begonnen, die Textilarbeiten anzufertigen. Und folgte auch dabei einer Art Choreografie: Stoffe durften weder gekauft noch zugeschnitten werden. Eshkol beschränkte sich auf Reste aus der Textilfertigung sowie aufgetrennte Kleidungsstücke. Eine Auswahl ihrer rhythmisch-abstrakten bis figurativen Kompositionen, die alle gewissermaßen von Fenstern erzählen, sind derzeit bei neugerriemschneider zu sehen. „The House of Bernarda Alba (Virgin)“ (1978) etwa verweist auf Frederico García Lorcas gleichnamige Tragödie, in der eine despotische Mutter ihre fünf Töchter nach dem Tod des Vaters in die Isolation zwingt. Auf der Serie „Interior (in Memoriam)“ reihen sich Topfpflanzen mit schilfähnlichen, hohen Blättern vor dunklen Fensterfronten. Auf die Stillleben folgte die Stille. Die Künstlerin starb im selben Jahr (bis 19. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 155).

Um heile Kleidungsstücke geht es gleichzeitig wenige hundert Meter davon entfernt. Dort zeigt die aquariumförmige Galerie für Moderne Fotografie Kampagnenbilder des Berliner Fotografen Ingar Krauss für das Mailänder Modelabel Santoni. Für Krauss, der für seine Schwarz-Weiß-Porträts trotzig-entrückt aus dem Bild blickender Kinder und Jugendlicher aus dem ehemaligen Ostblock bekannt ist, waren es die ersten Modefotografien. Mit schnöden PR-Bildern haben seine Arbeiten weiterhin wenig gemein, vielmehr scheinen seine melancholischen Momentaufnahmen in Wollpullover und -mäntel gehüllter Großstadtmenschen und von Straßenlaternen beleuchteter Mauern, Fassaden und Parkbäume bislang noch ungedrehter Neorealismo-Filme zu entstammen (bis 26. 1., Do.–Sa. 12–18 Uhr und nach Vereinbarung unter mail@galeriefuermodernefotografie.com, Schröderstr. 13).

Nicht nur bis auf die Kleidung, sondern tief in die Drüsen dringt Alisa Baremboym in ihrer ersten Einzelausstellung bei Konrad Fischer vor. „UNIT 1: Hypothalamus: Organ of Influence“ heißt etwa eine ihrer Assemblagen. Halb verborgen hinter Schilden aus Concrete Canvas – einem für das Militär entwickelten Textil – hat sie in diesen Keramik­objekten zwischen Glas, Styropor, Silikon oder Mineralöl­gel eingefügt. Seltsame Versuchsanordnungen, in denen Baremboym den kausalen Relationen von Botenstoffen und menschlichem Verhalten nachzuforschen scheint (bis 26. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Lindenstr. 35).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen