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Bayern München gegen HSVIm tiefen Tal

Weil Nationalspieler Miroslav Klose nach seiner Form sucht, muss sich der FC Bayern München mit einem 1:1 gegen den Hamburger SV begnügen.

Ballett am Ball, nicht mehr: Miroslav Klose. Bild: reuters

21. Spieltag

NÜRNBERG - COTTBUS 1:1

1. FC Nürnberg: Blazek - Reinhardt, Wolf, Glauber, Pinola - Galasek, Mnari - Engelhardt (78. Kristiansen), Mintal - Charisteas, Koller

Energie Cottbus: Tremmel - Radeljic, Mitreski, Cvitanovic, Ziebig - Bassila - Angelow, Rost - Skela (85. Jelic) - Papadopulos (71. Vasiljevic), Sörensen

Zuschauer: 40.900; Tore: 1:0 Engelhardt (58.), 1:1 Sörensen (59.)

BAYERN - HAMBURG 1:1

Bayern München: Kahn - Lell, Lucio, van Buyten, Lahm - Altintop, van Bommel, Zé Roberto, Schweinsteiger (61. Ribéry) - Toni, Klose (74. Podolski)

Hamburger SV: Rost - Demel, Reinhardt, Mathijsen, Benjamin - de Jong - Jarolim (82. Boateng), Kompany, Trochowski, Olic (78. van der Vaart) - Guerrero (86. Zidan)

Zuschauer: 69.000 (ausverkauft); Tore: 0:1 Olic (59.), 1:1 Zé Roberto (66.); Gelb-Rote Karte: van Bommel (90.+2/Unsportlichkeit)

MÜNCHEN taz Seine auffälligste Szene an diesem Abend hatte Miroslav Klose in der 56. Minute des Spiels gegen den Hamburger SV. Der Angreifer des FC Bayern München kam unbedrängt zum Schuss und zog den Ball einen Meter über das gegnerische Tor. Die Szene lässt sich vor allem deshalb so leicht identifizieren und herausheben, weil Klose in den übrigen 73 Minuten, die er auf dem Platz stand, vor allem durch eines auffiel: dass er nicht auffiel. Wenn man aber an jene einigermaßen klägliche Situation in der 56. Minute denkt, wäre es wohl besser gewesen, wenn Klose gar nicht aufgefallen wäre.

Diese Szene illustrierte noch einmal anschaulich, dass mit Miroslav Klose im Moment etwas nicht stimmt. Er ist einmal wieder in eines der tiefen Täler fehlender Torgefahr gestürzt, die sich in seiner Karriere immer wieder auftun, ob früher in Kaiserslautern, dann in Bremen oder nun eben in München. Als wäre er festgerostet, steht Kloses persönlicher Bundesligatorzähler seit dem 24. November bei neun. Anders formuliert: Seit sieben Ligaspielen hat Klose nicht mehr getroffen. Er ist zwar mit sechs Torvorlagen immer noch der beste Vorbereiter der Bayern, doch sein letzter finaler Pass gelang ihm vor neun Spieltagen.

Unmittelbar betroffen ist davon zunächst einmal sein Verein, der es mit dem 1:1 gegen Hamburg wieder einmal verpasst hat, sich deutlich von der schwächelnden Konkurrenz abzusetzen. Wenn Luca Toni einmal nicht traf wie gegen Hamburg oder davor gegen Bremen, war es jetzt zweimal Ze Roberto, der mit seinen Treffern wenigstens ein Unentschieden sicherte. Dass es gegen den HSV nicht zum Sieg reichte, lag einerseits an dem Aussetzer Lucios, der mit seinem Ballverlust vor dem eigenen Strafraum den Führungstreffer der Gäste durch Olic vorbereitete. Es lag aber auch - und noch mehr - an Miroslav Kloses Schaffenskrise.

Und die wirft mittelbar auch einen Schatten auf die Nationalmannschaft. Zwar hat Klose im vergangenen Länderspiel gegen Österreich getroffen, allerdings gegen eine Abwehr, die nach der Pause bestenfalls noch zweitklassige Ansprüche erfüllte. Es ist noch etwas hin bis zur EM. Aber es gibt keinen Zweifel, dass das Gelingen des Turniers zu großen Teilen davon abhängt, ob Miroslav Klose dann seine Rolle als Deutschlands Angreifer Nummer 1 ausfüllt. In der Nationalmannschaft hat er keinen ähnlich treffsicheren Spieler wie Luca Toni neben sich.

Das aber ist vielleicht auch ein Vorteil. Denn im Zusammenspiel von Klose und Toni, das bis November so blendend funktionierte, haben sich die Gleichgewichte verschoben. Am Anfang der Saison waren die beiden gleichberechtigt, was sich darin ausdrückte, dass sie auch im steten Wechsel trafen. Mittlerweile aber hat Luca Toni das Angriffszentrum für sich okkupiert. Klose muss schauen, wie er drumherum noch hier und da eine Gelegenheit aufpickt. Und obwohl er mit allen Talenten eines Angreifers gesegnet ist und auch aus der Tiefe gefährlich werden kann, kommt er damit im Moment nicht zurecht.

Gegen den HSV war das Leben für Klose und Toni aber auch besonders schwer, weil die Gäste mit de Jong und Kompany im defensiven Mittelfeld und mit Reinhardt und Mathijsen in der Innenverteidigung einen enorm aufmerksamen und disziplinierten Defensivblock formiert hatten.

Es ist Klose anzumerken, dass er mit seinem Berufsleben nicht zufrieden ist. Er hat sich aus der Rolle des Führungsspielers, der diesen Anspruch offen nach außen vertritt, zurückgezogen. Nach dem Spiel am Sonntag schlich er sich so unauffällig wie irgend möglich davon. Und wenn er doch einmal sprechen muss wie bei einer Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Werder Bremen, wirkt er genervt. Die Fragen der Reporter beantwortete er damals kurz bis zur Grenze zur Unhöflichkeit oder gar nicht. Klose hat die Rollläden runtergelassen, er will für sich sein in diesen Tagen.

Beim FC Bayern wissen sie um die sensible Künstlerseele ihres Miro. Deshalb sind alle zusammen peinlich bemüht, bloß kein ansatzweise schlechtes Wort über ihn zu verlieren. "Wenn man die Mannschaftsleistung betrachtet, muss man sehen, dass Miro fast wichtiger ist, weil er viel Vorarbeit für Luca leistet", sagt Mark van Bommel. Nach dem Hamburgspiel kritisierte Trainer Ottmar Hitzfeld lieber sein Mittelfeld: "Die Stürmer wurden heute nicht so gut eingesetzt." Dass es als eine von Kloses Stärken gilt, sich die Bälle auch selbst zu holen, er aber gegen den HSV nur 18 Ballkontakte hatte, überging Hitzfeld dabei. Er spricht weiter vom "idealen Sturmduo". Eine Ansicht, die erst beim Blick auf seine Alternativen an Plausibilität gewinnt.

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