Bau der U5: Aufgehalten durch Ruinen
Die archäologischen Funde am Roten Rathaus verzögern den Weiterbau der U-Bahn. Weil die Kellerruinen erhalten werden sollen, muss wohl der Bahnhof umgeplant werden.
Die archäologischen Grabungen vor dem Roten Rathaus werden die Bauarbeiten zur Verlängerung der U-Bahnlinie 5 möglicherweise massiv verzögern. Weil die Kellerruinen des historischen Rathauses in Gänze erhalten werden sollen, ist zudem absehbar, dass die Planungen für den U-Bahnhof "Berliner Rathaus" geändert werden müssen. Außerdem rechnen sowohl der Senat als auch die BVG als Bauherrin mit Mehrkosten für das Verkehrsprojekt. Dies sagte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Montag im Ausschuss für Stadtentwicklung.
Die Ausgrabungen vor dem Roten Rathaus samt ein paar Scherben stehen scheinbar denen von Troja in nichts nach: Nach Ansicht von Junge-Reyer sollten der "großartige Fund des alten Rathauses und die Zeugnisse des damaligen Lebens unbedingt erhalten und ausgestellt werden". Deshalb werde mit der BVG nun ein Konzept erarbeitet, wie die archäologischen Spuren Berlins in die Bahnhofsplanung integriert werden könnten. Junge-Reyer sagte am Rande der Sitzung zur taz, sie könne sich für die historische Präsentation sogar ein "kleines unterirdisches Geschichtsmuseum" innerhalb des zukünftigen U-Bahnhofs vorstellen.
Die Senatorin bestätigte, dass die Grabungen bis April/Mai 2011 fortgesetzt würden und sich der Beginn der Baumaßnahme damit verschiebt. Die BVG müsse wegen der Verzögerung und möglicher Umplanungen des Bahnhofs - da dieser im Grabungsfeld liegt - "neue Kostenberechnungen" erarbeiten. Genaue Zahlen über Mehrkosten und neue Termine sollen im kommenden Frühjahr präsentiert werden.
Die Fundamente des alten Berliner Rathauses aus dem 13. Jahrhundert (1865 abgerissen) waren vor zwei Monaten entdeckt worden. Ursprünglich war das Ende der Grabung noch in 2010, der Baustart für den neuen U-Bahnhof Anfang 2011 vorgesehen. Bis 2017 sollte die Linie 5 fertiggestellt sein. Für ihre Verlängerung vom Alexanderplatz bis zum Hauptbahnhof sind Kosten in Höhe von 433 Millionen Euro vorgesehen.
Jörg Haspel, Berlins Landeskonservator, plädierte am Montag "angesichts der Bedeutung des Fundes" - bei dem auch von den Nazis verfehmte Kunstwerke der Moderne ausgegraben wurden - für "einen kompletten Erhalt der Ruinen". Haspel ließ keine Zweifel daran, dass die gegenwärtige U-Bahnhofplanung mit den Ausgrabungen "kollidiert". Ob für die Bewahrung der Reste die Baupläne insgesamt oder nur die Zugänge zum U-Bahnhof geändert werden müssten, sollte nun geprüft werden. Zu den Vorschlägen der Architekten, die angeblich bereits Alternativen in der Schublade haben, sagten Haspel und Junge-Reyer nichts.
Bis auf die Grünen sprachen sich die Ausschussmitglieder für ein Gesamtkonzept aus neuem U-Bahnhof samt historischer Spuren aus - selbst um den Preis von Mehrkosten. Die grüne Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling dagegen forderte, die so genannte Kanzler-U-Bahn erneut auf den Prüfstand zu stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen