■ Basketball: Genüßlich blamiert Alba den Erzrivalen
Berlin (taz) – Besuche von Bayer Leverkusen in Berlin brachten in den letzten Jahren stets packenden und verbissenen Basketball, bei dem die Berliner meist ein wenig am Sieg schnuppern durften, bis sie sich schließlich doch der Effizienz von Christian Welp, der Treffsicherheit von Michael Koch und dem Spielwitz von Henning Harnisch beugen mußten. Gestern nachmittag vor 8.500 Zuschauern in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle war das ganz anders. Alba kam zu einem genüßlichen 84:64 (56:34) und führt die Tabelle mit 24:0 Punkten klar an.
Während der Basketballsport in Berlin fleißig boomt, hat sich der Bayer-Konzern in Leverkusen entschieden, seine finanziellen Kräfte zu bündeln und vorwiegend den Fußballern zukommen zu lassen. Das freut zwar Christoph Daum, mutet aber ein wenig altmodisch an zu Zeiten, in denen der europäische Basketball im Schatten der NBA mächtig aufblüht. Die Europaliga sorgt für neue Perspektiven, vor allem, wenn bald auch die deutschen Klubs ihre Fernsehrechte selbst vermarkten dürfen. Bayer mag davon nichts wissen, erklärte sogar für die kommende Saison seinen freiwilligen Verzicht auf die europäische Eliteliga und ließ fast seine komplette Stammformation ziehen. Während inzwischen selbst Spitzenklubs in Frankreich gestandene NBA-Spieler verpflichten, vertraut Leverkusen auf talentierten Nachwuchs, mit dem aber selbst in der Bundesliga Siege schwer zu holen sind.
Der virtuose Punktelieferant Tony Dawson schaute gestern auf dem Parkett der neuen Halle manchmal so verzweifelt drein, als würde er sich fragen, wieso ausgerechnet er den Absprung verpaßt hat. Ohne die abgewanderten Welp, Koch, Harnisch und Hupmann ist fast alles auf den gerade von einer Knieverletzung genesenen Amerikaner zugeschnitten, das wissen natürlich auch die Gegner. Etliche für Dawson bestimmte Pässe wurden von den Berlinern abgefangen und mit schnellen Gegenstößen in eigene Punkte verwandelt. Leverkusen war nur noch ein überfordertes Team, in dem sich ein 17jähriger wie Goran Kovacev mit der Bewachung eines Sasa Obradovic (17 Punkte) plagen muß.
Am Ende gingen die „Nie mehr Leverkusen“-Slogans des Publikums sogar in gehässige „Absteiger, Absteiger!“-Rufe über. Das mag verfrüht sein, Bayer hat 16:8 Punkte. Die von den Berlinern so lange vergeblich beschworene „Wachablösung“ ist aber jedenfalls vollzogen.Matti Lieske
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